Eine Glosse von Christian-A. Thiel

Bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika machte sich Uruguays Nationalspieler Luis Suárez bei einem ganzen Kontinent unbeliebt, als er Afrikas letzte Hoffnung Ghana mit der "Hand Satans" aus dem Wettbewerb warf. Er hatte mit einem Handspiel auf der Linie ein sicheres Tor verhindert, sah dafür die Rote Karte und wurde letztlich in seiner Heimat zum Volkshelden, weil Ghana den folgenden Elfmeter verschoss.

Jetzt hat dieser Suárez wieder zugeschlagen. Oder besser: zugebissen. Im Dunkeln der holländischen Nacht schlug der Uruguayer im Trikot von Ajax Amsterdam während eines Handgemenges seine Zähne in die Schulter seines Eindhovener Gegenspielers Otman Bakkal. "Liebe auf den ersten Biss" war es in dieser modernen Adaption der Beißeinlage Mike Tysons 1997 im Boxring gegen Evander Holyfield eher nicht.

Ob der Schiedsrichter Angst vor Vampiren hatte und weder Knoblauch noch Kruzifix mit sich führte, ist nicht bekannt. Jedenfalls durfte Suárez unbescholten das Spielfeld verlassen, vielleicht weil er anders als Tyson keinen blutigen Bissen im Mund hatte. Ajax Amsterdam dagegen will Dracula-freie Zone bleiben. Wohl auch weil die Zeitung "De Telegraaf" Suárez den "Kannibalen von Ajax" nannte, wurde der Uruguayer jetzt intern für zwei Ligaspiele gesperrt und mit einer Geldstrafe belegt.

Ob am Rande von Fußballspielen demnächst der Tanz der Vampire als Showprogramm eingeführt wird, ist noch offen. Finstere Zeitgenossen und Blutsauger hatten wir bislang mehr auf der Ebene der Vereinsfunktionäre vermutet.