Amtsgericht verurteilt Autofahrer nach Attacke auf Fußgänger

Wandsbek. Am Ende findet die Angeklagte keine Worte der Entschuldigung - was wiederum die Wandsbeker Amtsrichterin irritiert. "Ich bin schockiert", sagt Arleen G., 22, unter Tränen - schockiert, dass sie hier wegen Beleidigung vor Gericht steht, sie allein! Schließlich habe doch Manuela von K., 47 - das mutmaßliche Opfer in diesem Fall -, ihren Teil dazu beigetragen, dass die Situation an der Sieker Landstraße derart aus dem Ruder lief. "Sie hat mir doch den Stinkefinger gezeigt", schluchzt sie.

Die Sache ging gerade eben noch glimpflich aus. Am 3. Juli raste Arleen G. mit zwei Freunden über die Sieker Landstraße - mit 80 km/h, obgleich nur Tempo 50 gestattet war, so die Staatsanwaltschaft. Hinterm Steuer saß Nico R., der 22-Jährige machte damals seinen "Personenbeförderungsschein". Er achtete nicht auf die Straße, als Manuela von K. mit ihrem dreijährigen Sohn in der Kinderkarre und einer Begleiterin den Zebrastreifen überqueren wollte. "Ich hatte den Vorderreifen der Karre schon über die Bordsteinkante bugsiert", sagt die 47-Jährige. Mit quietschenden Reifen sei das Auto im letzten Moment zum Stehen gekommen. Total verärgert über den Rowdy sei sie dann "im Mäuseschritt" über den Zebrastreifen gegangen. Eine Entschuldigung? Fehlanzeige. Im Gegenteil.

Nach Überzeugung des Gerichts wollte Nico R. den völlig perplexen Passanten noch ordentlich Dampf machen. "Er hat den Motor aufheulen lassen und rollte auf mich zu", sagt Manuela von K. Damit nicht genug: Arleen G. sei ausgestiegen und habe sie als "alte Nutten, die gefälligst anschaffen gehen sollten", beschimpft. Weitere unflätige Schmähungen folgten. Die Beleidigung räumt Arleen G. ein, will sie aber als "Temperamentsausbruch" verstanden wissen.

Das Gericht verurteilt sie zu einer Strafe von 300 Euro. Nicht viel besser kommt Nico R. mit einem Monat Fahrverbot und 280 Euro Strafe davon, immerhin geht das Gericht nicht von einer Gefährdung des Straßenverkehrs, sondern nur "Nötigung" aus. Arleen G. sagt, sie habe ihre Lektion gelernt. "Ich werde jedes Wort auf die Goldwaage legen." Damit ist viel gewonnen.