Aus dem früheren Real-Markt könnte ein neues Zentrum mit St. Pauli Music Hall, Läden und Wohnungen werden

St. Pauli. Leif Nüske ist entspannt. Berichte, dass die von ihm mitkonzipierte St. Pauli Music Hall gestorben sei, verneint er. "Es ist richtig, dass es noch keine Entscheidung über die Music Hall in der Alten Rindermarkthalle gibt. Aber der Bezirk und die Stadt befinden sich noch mitten in einem offenen Verfahren. Es kommt jetzt auf die politische Entscheidung an, ob diese Halle, die im Koalitionsvertrag zwischen CDU und GAL ja vorgesehen ist, gebaut wird."

Nüske räumte ein, nicht um jeden Preis in das zuletzt als Real-Markt genutzte Gebäude zwischen Budapester Straße und Neuer Kamp ziehen zu müssen. "Aber wenn die Stadt eine Music Hall will, muss sie an die Reeperbahn angebunden sein. In Wilhelmsburg macht sie keinen Sinn." Verwundert äußert Nüske sich darüber, dass die Music Hall überhaupt so im Fokus der Öffentlichkeit steht. "Das Areal hat eine Fläche von 34 000 Quadratmetern, die Music Hall nimmt davon 3500 Quadratmeter ein, also zehn Prozent."

Auch Martin Murphy vom Hamburger Architekturbüro Störmer Murphy and Partners ist überrascht von dem öffentlichen Widerstand gegen die Pläne. Sein Büro hat im ausgeschriebenen Gutachterverfahren den ersten Preis für seinen Entwurf bekommen, der eine detaillierte Machbarkeitsstudie ist und noch kein festgeschriebener Bauentwurf. "Wir haben bei den öffentlichen Workshops des Bezirks sehr genau zugehört, welche Ideen an uns von Gruppen und einzelnen Bürgern herangetragen wurden, und haben versucht, die vielfältigen Wünsche zu berücksichtigen", sagte Murphy. Aus den Überlegungen des Architektenbüros heraus entstand eine bunte Mischung aus Einzelhandel, Wohnungen, Büros, gemeinnützigen Einrichtungen und der St. Pauli Music Hall.

Die präsentierte Machbarkeitsstudie von Störmer Murphy and Partners beinhaltet ein großes Foyer an der Seite Neuer Kamp, das tagsüber als flexible Markthalle genutzt werden kann und von dem aus alle Teile der umgebauten Halle zugänglich sind. Hier soll es kulturelle und gemeinnützige Räume auf 5500 Quadratmetern geben, in dem das Kindertheater Die Rotznasen, eine Musikschule und eine Moschee untergebracht sind und in dem ein mietbarer Raum für kulturelle Begegnungen vorhanden ist. Ein großer Supermarkt wird 3200 Quadratmeter einnehmen, die Music Hall 3500 Quadratmeter, außerdem ist Gastronomie vorgesehen. Auch die jetzt auf dem Gelände vorhandene Autowerkstatt findet in diesem Neubau ihren Platz.

Links und rechts der historischen Rindermarkthalle werden fünf fünfgeschossige Neubauriegel mit Wohnungen (insgesamt 5500 Quadratmeter), Büros für Musik- und Kreativwirtschaft (13 000 Quadratmeter) und Einzelhandelsgeschäften im Erdgeschoss errichtet. Auch ein Programmkino ist geplant. Das Konzept sieht zwei unterirdische Parkhäuser mit Zufahrten von der Budapester Straße und vom Neuen Kamp mit insgesamt 950 Plätzen vor.

Während der Entwurf von Störmer Murphy and Partners den Erhalt der Rindermarkthalle vorsieht, setzte eine vom Architekturbüro André Poitiers mit dem zweiten Preis ausgezeichneter Plan auf Abriss und Neubau des Areals. Sechs verschiedene Gebäude hat Poitiers kreiert: einen SB-Markt mit Handwerksbetrieben, einen Laden/Gastronomiekomplex, eine Markthalle, die Music Hall, ein Kulturgebäude inklusive einer Bibliothek sowie eine Drei-Feld-Sporthalle, die der Nachbar FC St. Pauli nutzen möchte. Diese Halle hat im Störmer-Murphy-Konzept keinen Platz gefunden. Auch in Poitiers' Planungen nimmt der Zankapfel Music Hall keine dominierende Stellung ein, sondern fügt sich in das Gelände, das zudem sehr viele Grünflächen vorsieht.

Politiker wie der Bürgerschaftsabgeordnete Andy Grote (SPD) machen deutlich, dass mit dem bisherigen Verfahren erst ein Zwischenstand erreicht ist. Wenn ein Antrag der GAL-Bürgerschaftsfraktion durchkommt, wird es nach den Workshops im Bezirk einen weiteren Kontrakt-Workshop geben, an dem Bezirk, Bürger und Betreiber der einzelnen Einrichtungen unter der Leitung eines Moderators sich jeden Teil der bisherigen Entwürfe vornehmen, diskutieren und Änderungswünsche äußern können, die dann erneut geprüft werden.

In einem solchen Verfahren kann es passieren, dass einzelne Elemente verändert oder ausgetauscht werden. Außerdem werden dann erst Verkehrsströme genauer untersucht und Finanzierungsmöglichkeiten unter die Lupe genommen. Gefragt wird in diesem Verfahren auch nach der Stimmigkeit der Einzelhandels- und Gastronomiekonzepte, und auch die Einwände gegen eine Music Hall werden geprüft.

Am 25. November werden die Ergebnisse der Machbarkeitsstudien im Ballsaal des Millerntor-Stadions vorgestellt, der Platz für 1000 Zuhörer bietet. Dann wird unter anderem auch Architekt Martin Murphy seinen Entwurf erläutern. "Mir ist bewusst, dass wir nicht jeden mit unserer Studie glücklich machen. Wir haben versucht, einen Entwurf zu präsentieren, von dem der Stadtteil profitiert. Aber ich möchte nicht der Buhmann in dieser Sache sein, ich bin nur ein Architekt."