Ein Blick über den Tellerrand von Joachim Mischke

Jede Kommune hat den obersten Kulturverwalter, den sie verdient? Schön wär's ja. Es ist aber schon längst so, dass sie oft nur den hat, den sie sich so gerade eben als Notpflaster leisten kann. Kluge Visionäre mit Sachverstand und Hingabe für ihre Aufgabe sind längst Mangelware in der Kulturnation Deutschland, Dilettanten ohne Rückgrat und tiefer gehende Leidenschaft für die Materie haben Konjunktur. Die Aktenschubser sind vielerorts am Ruder.

Während man sich in Hamburg noch frustriert fragt, wem man beim Thema Kultur-Einsparungen im Zweifelsfall weniger glauben soll, dem Ersten Bürgermeister oder seinem Kultursenator, ist Leipzig schon einen drastischen Schritt weiter. Der dortige Dezernent erhielt vom Stadtoberhaupt ganz offiziell jenen Status zugewiesen, den der desavouierte Stuth nach dem "Kulturgipfel" nicht für sich wahrhaben wollte. Michael Faber, im Streit um Sparkämpfe aller wichtigen Aufgabenbereiche enthoben, ist nun ganz offiziell eine Lame Duck . Eine flügellahme Ente, zum lokalpolitischen Abschuss freigegeben. Parteilos, glücklos, rückhaltlos. Ein beispielhafter Fall.

Ins Amt kam der sächsische Politik-Neuling aus ganz anderen Proporzgründen als der Polit-Profi Stuth hier an der Elbe, doch das Denkmuster dahinter war wohl das gleiche: Mit der Kultur kann man's ja mal machen. Die Proteste in Hamburg und in Leipzig haben nun aber bewiesen: nein, kann man nicht. Es gibt noch Hoffnung. Es kann ja auch nur besser werden.