Die Lehren aus dem Fall Nonnenmacher.

Honoré de Balzac, Schöpfer der epochalen "Menschlichen Komödie", hätte am Glanz und Elend des Dirk Jens Nonnenmacher seine wahre Freude gehabt: Ein hochintelligenter Mathematikprofessor stellt sich einer Herkulesaufgabe - in diesem Fall der Sanierung der HSH Nordbank -, meistert sie, verstrickt sich dabei aber in einen Wust an Verdächtigungen, Vorwürfen und Ermittlungen und wird schließlich mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt.

Ein Drama? Ja. Aber Mitleid ist kaum angebracht, denn die Verantwortung dafür liegt in erster Linie bei Nonnenmacher selbst, der ein Lehrstück liefert, wie man es nicht machen sollte als Unternehmenschef. Zur fachlichen Eignung, die ihm niemand abspricht, gehört zwingend die charakterliche. Der Chef, der das Unternehmen führt und repräsentiert, muss ein Mindestmaß an Kommunikationsbereitschaft mitbringen, er muss seine Mitarbeiter mitnehmen, ihnen vertrauen, Entscheidungen erklären. Und wem er nicht traut, dem muss er es sagen. All das hat Nonnenmacher sträflich vernachlässigt, und so rührt ein großer Teil der Schlammschlachten um untergeschobene Trennungsgründe, Kinderpornos und Bespitzelungen aus der Unfähigkeit des HSH-Chefs, sich offen mit seinen Mitarbeitern auseinanderzusetzen. Der Trennungsgrund ist schlicht menschliches Versagen.

Nicht minder versagt hat die Politik. Die CDU in Hamburg und Schleswig-Holstein hat zu lange am HSH-Chef festgehalten. Ihr Argument, Nonnenmacher sei der Richtige, die Sanierung laufe doch, war ja richtig. Aber angesichts der Zahl und der Schwere der Vorwürfe nur darauf zu verweisen, dass nichts bewiesen sei, ist zu naiv. Wer wollte, konnte mehr wissen. Ein Blick in die Ermittlungsakten hätte genügt, um zu erkennen, dass zumindest eine These unhaltbar erscheint - dass Nonnenmacher mit all dem gar nichts zu tun hatte.

Die Oppositionsparteien und die kleinen Regierungspartner haben früher erkannt, dass nicht nur die HSH, sondern auch ihr Chef selbst ein Problem ist. Wie jedoch vor allem die FDP in Kiel und die GAL in Hamburg die sich abzeichnende Trennung zur billigen Profilierung nutzten, wie sie ein Milliardeninvestment der Länder, also der Steuerzahler, zum Spielball machten, das war unverantwortlich.

Das Ende dieser Geschichte mit lauter Verlierern passt zu Balzacs Ende: Am Tag seiner Beerdigung hat es gegossen.