Ex-Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper und Landeschef Peter Harry Carstensen, zwei Machtmenschen, denen der Wind in der HSH-Krise ins Gesicht bläst

Peter Harry Carstensen braucht dringend frische Luft. Nach dem Gespräch mit Hilmar Kopper über die Zukunft der Nordbank in dieser Woche in der Staatskanzlei schlägt der Ministerpräsident dem Vorsitzenden des HSH-Aufsichtsrats vor, die Dienstwagen stehen zu lassen und auf der Kiellinie, der Fördepromenade, zum Anschlusstermin ins Landeshaus zu gehen. Kopper ist verdutzt, willigt aber ein.

Für die Wasserratte Carstensen und das Landei Kopper beginnt ein quälender Spaziergang. Beide stemmen sich gegen den kräftigen Wind. Es nieselt. Alle Bemühungen um ein persönliches Gespräch enden aber nicht nur wegen des Wetters als Smalltalk. Der Lokalpolitiker und der Globalbanker leben in unterschiedlichen Welten, wären sich kaum über den Weg gelaufen, wenn die Finanzkrise die HSH nicht stärker getroffen hätte als fast jede andere Bank in der Bundesrepublik.

Schmied des politökonomischen Zweckbündnisses ist Carstensen. Er darf im Frühjahr 2009, als der Hamburger Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner seinen Ausstieg aus dem Aufsichtsrat der angeschlagenen HSH ankündigte, im Namen Schleswig-Holsteins einen Nachfolger suchen. Eingeschaltet ist auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie half Carstensen schon mehrfach aus der Patsche, hat einen guten Draht zu Kopper und soll bei dem früheren Chef der Deutschen Bank mehr als ein gutes Wort für die Nothilfe im Norden eingelegt haben. Vor 17 Monaten meldete Carstensen stolz wie selten, dass der bekannteste Banker Deutschlands das Ruder der HSH übernimmt, die mehr Schlagzeilen als Geschäfte macht.

Der studierte Bauer und der gelernte Bankkaufmann bemühen sich seitdem, die Welt des anderen zu verstehen. Carstensen, 63, tut sich bis heute schwer damit. "Ich bin kein Banker, ich will kein Banker werden und ich will auch keine Bank haben." Kopper, 75, fremdelt nicht weniger mit der Politik, ihren Spielregeln und dem früheren Irrglauben, die HSH könne die Kassen der klammen Länder füllen. "Die Politiker haben sich die Suppe selbst eingebrockt." Sie hätten die Landesbank mit Geld aufgepumpt und in riskante Geschäfte getrieben, "von denen man nichts verstand". Den ersten Konflikt entschied Kopper für sich. Schon vor dem Dienstantritt in Hamburg ließ er keinen Zweifel daran, dass er in seinem Aufsichtsrat keine Politiker haben möchte. Carstensen lenkte ein. Im fragilen Verhältnis zwischen Politik und Wirtschaft haben sich die Gewichte durch die Spitzelaffäre verschoben. Carstensen und sein Hamburger Kollege Christoph Ahlhaus (CDU) sind die immer neuen Enthüllungen leid, wollen Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher notfalls in die Wüste schicken und so die HSH aus dem Wahlkampf heraushalten. Hamburg wählt in 15 Monaten, Schleswig-Holstein vermutlich nur etwas später.

Kopper schüttelt über solche wahltaktischen Überlegungen den Kopf. Für ihn zählt, dass Nonnenmacher die HSH auf Erfolgskurs getrimmt hat. Nicht einfacher werden die Gespräche zwischen Carstensen und Kopper dadurch, dass die so verschiedenen Machtmenschen aus demselben Holz geschnitzt sind. Beide lassen enge Weggefährten nicht fallen. Der Ministerpräsident machte seinen Mitstreiter Heinz Maurus, der als Wahlkampfmanager scheiterte und als Chef der Staatskanzlei kein gutes Bild abgab, zum Staatssekretär für Bund und Europa. Der Chef der Deutschen Bank hielt Daimler-Boss Jürgen Schrempp den Rücken noch frei, als die Übernahme von Chrysler sich längst als gigantische Geldvernichtung entpuppt hatte.

Gemein ist dem Politiker und dem Banker nicht nur die besonders ausgeprägte Männertreue. Carstensen und Kopper sind Bauernsöhne. Der eine wuchs in einem Koog auf Nordstrand auf, der andere auf einem Gut bei Danzig. Beide sind bodenständig geblieben, obwohl ihre Karriere steil verlief. Carstensen zog mit 36 in den Bundestag, kümmerte sich mehr als 20 Jahre um Bauern, Jäger und Fischer, bis er 2005 glücklich Ministerpräsident in Schleswig-Holstein wurde.

Noch enger als Carstensen mit der Politik ist Kopper mit der Finanzbranche verbunden. Der ewige Banker stieg 1954 mit einer Lehre bei der Deutschen Bank in Köln ein und über die Filialleitung in Leverkusen bis in den Vorstand auf. 1989 rückte er zur Nummer eins auf, machte die betuliche Deutsche Bank zum Global Player. Vor acht Jahren verabschiedete sich der Banker in den Ruhestand.

Über ihr Privatleben reden Carstensen und Kopper nicht gern. Beide sind zum zweiten Mal verheiratet, Carstensen mit der 25 Jahre jüngeren Juristin Sandra, Kopper mit der elf Jahre jüngeren Brigitte Seebacher-Brandt, der Witwe des früheren Kanzlers Willy Brandt.

Einig sind sich beide auch darin, dass man den Zeitpunkt seines Abschieds aus dem aktiven Geschäft nicht vorzeitig ausplaudert. Carstensen mag nicht darüber sprechen, ob er vielleicht schon im Frühjahr abtritt, Kopper nicht darüber, ob er im Fall einer Entlassung Nonnenmachers den Politikern die Brocken vor die Füße wirft.