Wir hören: Etwa 16 000 Deutsche wenden sich in jedem Jahr neu dem Islam zu, sie konvertieren. Natürlich respektiere ich als Mensch und Kirchenvertreter jede persönliche Überzeugung. Wenn ein Mensch Halt im Islam und seinen Traditionen findet, ist das seine Sache. Wenn er im Glauben an Gott gestärkt wird, sich in Liebe und Gerechtigkeit übt, freue ich mich. Glaube ist etwas Wunderbares. Ich darf Vertrauen erleben: zu anderen Menschen, zu mir selber, zum Leben in dieser Welt, zu Gott als Grund von allem.

Aber Glaube muss immer im Raum der Freiheit wachsen. Zwang und Druck zerstören alles, bei den Menschen und bei Gott. Die Christenheit hat sich mit der Freiheit oft genug schwergetan. Man meinte, es sei besser, Menschen zu ihrem Glück zu zwingen, als sie frei zu lassen - mit dem Risiko, das angeblich Falsche zu tun. Aber wir haben gelernt, vom Grund des Christseins her zu entdecken: Gott will freie, mündige Menschen. Oft haben uns andere, vermeintliche Kirchengegner, auf die richtige Spur gebracht, bis wir selber einsehen mussten, dass Zwang in Sachen Religion immer eine schlimme und böse Sache ist.

Religionsfreiheit ist heute ein Menschenrecht. Wer in Deutschland lebt, wird unsere Lebensordnung anerkennen, ist hier mit seinen eigenen Überzeugungen zu Haus. Ein Moslem muss nicht eigens versichern, dass er das Grundgesetz bejaht, mit der Ordnung, auf der es gebaut ist. Das muss immer selbstverständlich sein.

Aber Freiheit ist keine Einbahnstraße. Auch Muslime müssen die Freiheit haben, Christen zu werden oder in klarer Entscheidung nicht zu glauben. Das ist längst nicht selbstverständlich, besonders nicht in Ländern mit islamischen Mehrheiten. Leider sind islamische Religionsführer in diesen Fragen ziemlich schweigsam. Menschen, ob sie religiös sind oder nicht, müssen sich zur Freiheit bekennen. Sonst verdienen sie mit Recht unsere Verachtung.

Wir Deutsche sind in einer freien Ordnung zu Haus. Ich lade Muslime ein zu spüren: Nur in Freiheit kann der Glaube leben. Ich respektiere die Freiheit der Nichtglaubenden. Im Raum der Freiheit gewinnt ein Menschenleben seine Schönheit und Würde.

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