Der Hafen, der Motor der Hamburger Wirtschaft, läuft wieder rund. Aber bei seiner Entwicklung streuen einige Protagonisten Sand ins Getriebe.

Hamburg. Früher war alles besser, und das natürlich auch im Hamburger Hafen. Ende Oktober, bei der Jahresversammlung des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg, lobte der neue Wirtschaftssenator Ian Karan (parteilos) einen seiner Vorgänger. Im Hotel Hafen Hamburg, mit prächtigem Blick auf die Elbe, pries er die "Pionierarbeit" und die "Weitsicht" des einstigen Wirtschaftssenators Helmuth Kern (SPD). Der hatte Ende der 60er-Jahre gegen viele Widerstände der Hafenwirtschaft die Einführung des Containers in Hamburg vorangetrieben und damit das Fundament für einen über Jahrzehnte währenden Aufschwung gelegt. Der Senior hörte das Lob im Publikum gerührt, zumal Karan dessen Leistungen "über die politischen Grenzen hinweg" würdigte.

Mit der guten alten Gemeinsamkeit rund um den Hamburger Hafen ist es spätestens seit der zurückliegenden Weltwirtschaftskrise vorbei. Um 20 bis 30 Prozent gingen die Umschlagmengen je nach Güterart 2009, im schwersten Jahr der Krise, zurück. Mittlerweile steigt das Frachtaufkommen wieder deutlich, profitiert Hamburg vom Boom der deutschen Import- und Exportwirtschaft. Doch in wichtigen Fragen über die Zukunft des größten deutschen Seehafens sind Politik und Unternehmen tief gespalten. Gestritten wird vor allem darüber, wer die Entwicklung und den Ausbau des Hafen wie finanzieren soll.

Ian Karan hat ein schwieriges Erbe übernommen. Mit der Vermietung von Containern hatte er seit den 70er-Jahren ein Vermögen verdient und sich stets als großzügiger, gesellschaftlich engagierter Mäzen gezeigt. Nach dem Rücktritt Ole von Beusts trug der neue Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) dem bereits 71-jährigen Selfmademan im Sommer das Amt des Wirtschaftssenators an.

Karan, geboren auf Sri Lanka und seit 1970 in Hamburg, muss nun vor allem die Fronten in der zänkischen Hafenwirtschaft und -politik befrieden. Verkaufen muss er der Öffentlichkeit aber auch, wie es mit der dringend überfälligen Vertiefung der Elbfahrrinne weitergehen soll - ein Projekt, das sich immer wieder verzögert, das für Hamburgs Anbindung an die neue Generation von Großcontainerschiffen aber unabdingbar ist. "Wir wollen als Hamburger Hafen weiterhin eigenständig bleiben", sagt Karan, "aber wir können nicht so weitermachen wie in den vergangenen 30 Jahren." Es müsse "alles ausgelotet werden", was der Finanzierung diene.

"Hafen finanziert Hafen", das war das Konzept von Ole von Beust und dessen Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU). Die wachsende Hafenwirtschaft solle die Kosten für die Entwicklung und den Bau von Terminalflächen, von Straßen und Schienen, Energieversorgung und Kaianlagen selbst einspielen. Dadurch werde der städtische Haushalt dauerhaft entlastet - glaubte man bis zur großen Wirtschaftskrise.

Im September musste Karan als eine seiner ersten Amtshandlungen einräumen, dass das Konzept des selbsttragenden Hafens gescheitert ist. Von 2014 an will die Stadtregierung wieder mindestens 100 Millionen Euro jährlich für die Entwicklung bereitstellen.

Damit aber ist die Lage längst nicht beruhigt. Die Hafenverwaltung Port Authority (HPA) soll an allen Stellschrauben drehen, um die von ihr verwalteten Hafenkosten zu einem hohen Anteil selbst einzuspielen - mit der Modifizierung von Mietverträgen und der Erhöhung von Mieten, mit höheren Gebühren aller Art für hafenspezifische Dienstleistungen. Die Hafenwirtschaft, organisiert im Unternehmensverband Hafen Hamburg, hat dagegen harten Widerstand angekündigt: "Ich sage voraus, dass sich die Hafenwirtschaft hiergegen mit allen Mitteln zur Wehr setzen wird", drohte Verbandspräsident Klaus-Dieter Peters seinem Gast Ian Karan bei der Jahresversammlung an.

Peters, im Hauptberuf Chef des mächtigen Hamburger Hafenkonzerns HHLA, echauffiert sich seit geraumer Zeit vor allem über die Port Authority. Die Hafenverwaltung, die erst 2005 aus verschiedenen Behörden zusammengeführt worden war, erscheint ihm als ineffiziente, personell überbesetzte Bürokratie: "Unsere Erwartung auf mehr Wirtschaftlichkeit und Kundenfreundlichkeit hat sich eindeutig nicht erfüllt", sagt er. Hauptprügelknabe der Hafenfirmen ist Jens Meier, Chef der Port Authority. Der wehrt sich gegen die Anwürfe aus den Unternehmen. "Bei allem, was ich mache, versuche ich, das Optimum für die Hamburger Firmen herauszuholen", sagt der ehemalige Unternehmer, der die Verwaltung und den Hafen zugleich modernisieren soll.

Alle bislang sichtbaren Wege dahin bergen reichlich Konfliktstoff. Im Entwurf des Senats zum Hafen-Entwicklungsplan, der dem Abendblatt vorliegt, wird die künftige Rolle der Port Authority als "eigenständiger Marktteilnehmer" und "Akteur des hafenwirtschaftlichen Geschehens" skizziert. Die Hafenverwaltung als zusätzlichen Konkurrenten ist das Letzte, was die Wirtschaft will. Fragwürdig erscheint auch, inwieweit eine verstärkte Kooperation der Hafenbehörden von Hamburg und Bremen praktikabel wäre. Kooperationen, etwa in technischen Fragen oder bei der Materialbeschaffung, gibt es bereits. Der Senat will nun von einer Unternehmensberatung prüfen lassen, wie weit sich eine solche Zusammenarbeit vertiefen ließe. Schon machen Spekulationen über eine mögliche spätere Fusion der Hafenverwaltungen von Bremen und Hamburg die Runde - obwohl beide Hafenstädte regional bedingt unterschiedliche Interessen verfolgen.

Die SPD-Opposition in Hamburg weiß von all dem angeblich nichts, obwohl der Entwurf des Hafen-Entwicklungsplans nach Abendblatt-Informationen im Senat bereits seit Wochen kursiert. "Wir haben davon noch nichts gesehen", sagt Ingo Egloff, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft. "Das ist schlechter Stil, der bereits von Senator Gedaschko so gepflegt wurde. Früher hat man über die großen Linien der Hafenentwicklung über die Parteigrenzen hinweg und natürlich auch mit der Wirtschaft ausführlich diskutiert. Mit Gunnar Uldall hatte ich als früherer Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses da nie Probleme, obwohl er auch von der CDU war."

Uldall, Wirtschaftssenator bei Ole von Beust von 2001 bis 2008, galt als ausgemachter Hafenversteher. In seiner Amtszeit wurden Pläne für den Hamburger Hafen geschmiedet, die heute als kühn gelten. Getragen wurden sie von einem Boom vor allem des Containerverkehrs, den man heute gern wieder hätte. Uldall allerdings weiß, dass trotzdem nicht alles besser war, auch nicht im Hafen: "Diesen Hafen zu entwickeln", sagt er, "war immer harte Arbeit. Und Erfolg hatten wir nur, weil alle an einem Strang zogen."