Der 29 Jahre alte Trainer des Hamburger Badmintonverbandes wurde vom Sportbund als Hamburgs Coach des Jahres ausgezeichnet.

Hamburg. Diemo Ruhnow ist 29 Jahre alt. Er studiert an der Universität Hamburg Mathematik, im 19. Semester. Die Entscheidung "Geld oder Spaß", sagt er, habe er längst getroffen. Ruhnow hat sich für den Spaß entschieden. Der Preis dafür ist hoch: kaum Freizeit, wenig Urlaub, mäßige Bezahlung. Ruhnow ist kein Hedonist, sondern er macht das, wozu er "richtig Lust" hat: Er arbeitet "rund um die Uhr" als Landestrainer des Hamburger Badmintonverbandes. In dieser Funktion wurde er am Dienstagabend vom Hamburger Sportbund (HSB) ausgezeichnet: Diemo Ruhnow ist Hamburgs Trainer des Jahres. Die Prämie: 2500 Euro für ihn, 1000 für den Badmintonverband.

Es hätte keine bessere Wahl geben können, sagt Hamburgs Olympiastützpunktleiterin Ingrid Unkelbach, die in der Jury saß. "Wenn alle so wären wie er, hätten wir im deutschen Leistungssport weit weniger Probleme." So wie Ruhnow sind die wenigsten. Ruhnow ist ein Muster-Trainer. Der junge Mann, selbst ein ordentlicher Badmintonspieler, der für den Horner TV in der Regionalliga antrat, bildet sich regelmäßig fort, in Deutschland und im Ausland. Er spricht fließend Englisch und für den Hausgebrauch Chinesisch, die Sprache der besten Badmintonprofis der Welt. Er liest Fachliteratur, er begleitet seine Athleten zu fast allen Turnieren, er nimmt sich für seine Sportler Zeit, selbst wenn er keine hat. Darüber ist die Fernbeziehung zu seiner Freundin zerbrochen. "Das war eine sehr traurige Erfahrung, die ich künftig gern vermeiden würde. Dabei hatte sie schon jede Menge Verständnis für mein Engagement. Ich muss lernen, mit meinen Ressourcen vernünftig umzugehen", sagt Ruhnow.

Dass er so arbeitet, wie er arbeitet, leidenschaftlich, akribisch, immer mit vollem Einsatz, oft 40, 45 Tage am Stück, sei eine Selbstverständlichkeit, sagt er. "Wir verlangen von unseren Sportlern Höchstleistungen, dass sie sich für den Erfolg quälen, alles dem großen Ziel unterordnen. Da können wir als Trainer nicht zurückstecken. Wir müssen Vorbilder sein."

Im vergangenen Jahr flog Ruhnow zu vier Fortbildungskursen in die USA. Jeder kostete ihn 2500 Dollar, 1784 Euro, dazu kamen Flug, Unterkunft, Mietwagen, insgesamt rund 12 000 Euro selbst Erspartes. Als Landestrainer verdient er knapp 3000 Euro brutto im Monat. Das ist das durchschnittliche Trainergehalt in Deutschland in den olympischen Sportarten. Bundestrainer erhalten das Doppelte, 6000 bis 7000 Euro, einige, die einen bekannten Namen haben, ein Vielfaches. "Ich arbeite seit meinem 16. Lebensjahr nebenher. Ich bin genügsam, führe kein ausschweifendes Nachtleben, leiste mir keinen Luxus, da bleibt ein bisschen Geld übrig, um solche Maßnahmen zu finanzieren. Und diese Kurse haben mich nicht nur beruflich weitergebracht, auch persönlich habe ich bei diesen Auslandsaufenthalten viele positive Erfahrungen gemacht."

Was er in den USA hörte, unter anderem von Mark Verstegen, dem mit den Gummibändern, dem Fitnesscoach des ehemaligen Fußball-Bundestrainers Jürgen Klinsmann, hat Ruhnow am Landesleistungszentrum am Alten Teichweg umgesetzt. "Die Amerikaner sind uns im Bereich des Krafttrainings voraus. Das betrifft nicht die einzelnen Übungsformen, es ist das gesamte System ihrer Wettkampfvorbereitung und -nachbereitung. Da greift ein Rädchen ins andere. Da können wir noch viel lernen", sagt Ruhnow. Er tut es, 80 Prozent der deutschen Trainer wohl nicht.

Dass sich die gewonnenen Erkenntnisse bereits in der Praxis bewähren, können Ruhnows Athleten bestätigen. Die Zahl der Verletzungen ist dank des neuen Aufwärmprogramms, mehr Massagen und Physiotherapie deutlich zurückgegangen. Und die Wettkampfhärte hat zugenommen, seit auch Psychologie schon für 13- und 14-Jährige auf dem Stundenplan steht. "Wir beginnen in Deutschland zu spät mit der psychologischen Betreuung der Athleten, dann, wenn das Problem da ist. Es sollte gar nicht erst entstehen", sagt Ruhnow.

Mit Marianne Flato, Vizepräsidentin des Hamburger Verbandes, und Honorartrainer Jacek Hankiewicz vom Bundesligaklub VfL 93 stehen Ruhnow zwei Enthusiasten zur Seite, die ähnlich denken und handeln wie er. "Wir sind ein Team", sagt Hamburgs Trainer des Jahres. Ein erfolgreiches. lsabel Herttrich holte bei der U-19-WM im Mixed-Doppel die erste deutsche Medaille der Geschichte. Inken Wienefeld, Patrick Kämnitz und Franziska Volkmann sind ebenfalls hoffnungsvolle Talente, vielleicht schon für Olympia 2012 in London. "Sie sind in Hamburg in besten Händen", sagt OSP-Chefin Unkelbach. Das hat sich in Deutschland rumgesprochen. Herttrich zog aus dem bayerischen Hersbruck nach Hamburg - "wegen der hervorragenden Trainingsbedingungen und der tollen Trainer".