In Hamburg buhlen 56 Anbieter um die Verbraucher. Manche Tarife sind sogar günstiger als jene für konventionell erzeugte Energie.

Hamburg. Auf dem deutschen Markt für Ökostrom ist ein heftiges Ringen um die Kunden entbrannt. Obwohl sich bislang gerade einmal sechs Prozent der deutschen Haushalte für Energie aus erneuerbaren Quellen entschieden haben, tummeln sich immer mehr Anbieter in dem Geschäft und setzen die etablierten Unternehmen der Branche unter Druck. Gab es im Jahr 2006 gerade einmal 13 Ökostromanbieter auf dem Hamburger Markt, so sind es nach Berechnungen des Verbraucherportals Verivox mittlerweile 56. Allein seit Januar dieses Jahres kamen elf neue Anbieter hinzu.

Erst vor wenigen Tagen startete der Kaffeeröster Tchibo mit einem eigenen Ökostromtarif. Der Hamburger Konzern vertreibt in seinen Filialen jetzt neben Feiner Milde und Privatkaffee auch Energie, die laut Werbeversprechen zu 100 Prozent aus norwegischer Wasserkraft stammen soll.

Immer schwieriger wird das Geschäft dadurch für Ökopioniere wie das Hamburger Unternehmen Lichtblick, mit 485 000 privaten Stromkunden der nach eigenen Angaben größte unabhängige Anbieter von Ökostrom in Deutschland.

Junge Anbieter decken sich kostengünstiger am Strommarkt ein

"Der Markt ist deutlich härter und aggressiver geworden", sagt Unternehmenssprecherin Katinka Königstein dem Abendblatt. Seit Ende vergangenen Jahres habe Lichtblick bundesweit rund 18 000 private Stromkunden verloren. "Die neuen Anbieter drängen teilweise mit Tarifen auf den Markt, die sich aus unserer Sicht kaum rechnen können", so Königstein. Zudem habe die noch junge Konkurrenz ihren Strom zu deutlich günstigeren Konditionen einkaufen können als Lichtblick. "Wir haben einen großen Teil unserer Strommengen 2008 geordert, als die Preise sehr viel höher waren als heute."

Aufgrund des harten Konkurrenzkampfes lohnt sich für die Verbraucher mehr denn je ein Preisvergleich zwischen den einzelnen Anbietern. Laut Verivox kann Ökostrom mittlerweile sogar günstiger sein als die Energie konventioneller Anbieter. So bezahlt ein deutscher Musterhaushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden in der Grundversorgung derzeit durchschnittlich 971 Euro. Die Kosten für Ökostromtarife mit Gütesiegeln liegen beim gleichen Verbrauch bei durchschnittlich 950 Euro.

Allerdings ist der Markt durch die zahlreichen neuen Anbieter auch immer unübersichtlicher geworden. "Eine gesetzliche Definition, was genau unter Ökostrom zu verstehen ist, existiert bislang nicht", sagt Verivox-Sprecher Jürgen Scheurer dem Abendblatt. "Die Kunden sollten sich daher an den wichtigsten Gütesiegeln und Zertifikaten orientieren." Besonders verbreitet sind das Grüne-Strom-Label, das OK-Power-Label und das TÜV-Zertifikat. Grundsätzlich gilt: Wer von einem konventionellen Anbieter zur Grünen Energie wechselt, bekommt immer noch den gleichen Strom aus der Steckdose wie bisher.

Verbraucher können mit ihrem Tarif für höheren Ökostromanteil sorgen

Eine direkte Leitung von einem Ökokraftwerk zum Kunden gibt es nicht, weil Strom nicht so gezielt gelenkt und auch nicht gespeichert werden kann. Experten sprechen gern von einem großen Stromsee, um das Energienetz zu erklären. Dieser Stromsee, aus dem alle Verbraucher ihren Strom beziehen, wird von den Produzenten aus unterschiedlichen Energiequellen wie Kohle-, Wind- oder Atomkraft gespeist. Der Strom aus diesen Quellen fließt in den gleichen großen Pool. Je mehr Verbraucher aber einen Ökostromtarif wählen, desto höher ist der Anteil an "grünem" Strom im See. Auf diese Weise kann jeder Verbraucher durch die Wahl seines Stromtarifs den Strommix beeinflussen.

"Besonders strenge Anforderungen an die Herkunft des Ökostroms hat das Grüne-Strom-Label", sagt Scheurer. Das Gold-Label dieses Siegels erlaubt ausschließlich erneuerbare Energie-Quellen (Wasserkraft, Wind, Sonne) oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) ohne fossile Brennstoffe. Der bloße Handel mit Umweltvorteilen, bei dem etwa einem norwegischen Wasserkraftbetreiber virtuell eine bestimmte Strommenge abgekauft und gegen einen entsprechenden Stromanteil aus konventioneller Erzeugung ausgetauscht wird, ist nicht zulässig.

Ähnlich hoch sind die Anforderungen beim OK-Power-Siegel, das vom Verein Energie Vision vergeben wird. Dahinter verbergen sich das Ökoinstitut, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und die Umweltstiftung WWF Deutschland. Erlaubt ist hier neben Strom aus erneuerbaren Energien ebenfalls Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung, dessen Anteil bei bis zu 50 Prozent liegen darf.

Um einen Anreiz zum Neubau von Ökostromanlagen zu geben, muss mindestens ein Drittel des Stroms aus Anlagen kommen, die nicht älter sind als sechs Jahre. Ein weiteres Drittel muss aus Anlagen kommen, die nicht älter als zwölf Jahre sind. In Hamburg sind unter anderem die Angebote von Tchibo und Lichtblick nach diesem Standard zertifiziert.