Ein Mann, eine Frau und ein Zweckbündnis zur Vertretung gemeinsamer Interessen - bezüglich des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ist das Bild einer arrangierten Ehe einfach zu verlockend, um es nicht zu strapazieren. Die Institution Ehe ist zwar defätistisch als Sieg der Hoffnung über die Erfahrung beschrieben worden, aber auch als Bündnis gegen die Außenwelt. Und in der Tat: Wenn die beiden oben Genannten in geradezu karolingischer Wucht an einem Strang ziehen, dann kann es vorkommen, dass der Rest Europas einfach vornüberkippt. Wie gerade in Brüssel geschehen, wo das Power-Paar zum Schrecken der dort versammelten finanzpolitischen Hütchenspieler dem Euro ein mit Strafen bewehrtes eisernes Korsett einzog.

Nun ist eine Ehe zumeist ein Hafen im Sturm, gelegentlich aber auch ein Sturm im Hafen. Den hatte es im Vorfeld der Brüsseler Tagung gegeben, als Merkel dem angepeilten Strafkatalog den schmerzhaften Entzug des Stimmrechtes hinzufügen wollte - was mit Sarkozy, geschweige denn den außerehelichen Rest-Europäern, partout nicht zu machen war. Ausgerechnet der Pleitestaat Griechenland, der nur mit massiver Finanzhilfe der (erfolg-)reichen EU-Länder vor dem gähnenden Abgrund gerettet wurde, opponierte mit besonders lauter Entrüstung dagegen - eine Pikanterie am Rande.

Dass die jetzigen Duzfreunde Merkel und Sarkozy - chère Angela und der liebe Nicolas - auf den ersten Blick füreinander entflammt wären, hat noch niemand behauptet. In der ersten Phase dieser Euro-Ehe kam vielmehr der Eindruck auf, man habe Hund und Katze zusammengesperrt. Wie ein Blitz aus dem Olymp traf Merkel noch im vergangenen Jahr die Schelte von Helmut Schmidt, es mangele an Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich - "Frau Bundeskanzlerin". Seelenverwandt sind sie nicht gerade, der ebenso sinnenfrohe wie hyperaktive und zu erratischen Spontantaten neigende Gaullist "Sarko" und die bedächtige Christdemokratin "Angie".

Der Katholik Sarkozy, aus der ungarischen Adelsfamilie Sarközy de Nagybocsa stammend, die einst Schloss und Ländereien besaß, dessen Mutter Nachfahre sephardischer Juden aus dem griechischen Thessaloniki ist, lässt sich in emotionaler Aufwallung schon mal zu der Bemerkung hinreißen, der afrikanische Mensch habe "nur unzureichend die Geschichte" betreten, oder möchte gesetzesferne Immigranten am liebsten mit dem Kärcher hinwegspülen. Man würde zögern, ihm zu attestieren, dass er "unauffällig und sozial gut integriert" sei, wie man es der Schülerin Angela Merkel einst in der DDR bescheinigte.

Die im frugalen märkischen Protestantismus aufgewachsene Kanzlerin, aber immerhin in Hamburg geboren, betrachtet den zur Glitzerwelt neigenden Zwangsdynamiker Sarkozy mit milder Nachsicht. Es ist die kühle Sicht der promovierten Physikerin auf seltsame Naturphänomene. Allenfalls zieht sie die Mundwinkel noch einen Tick weiter herunter, wenn der liebe Nicolas wahrheitswidrig, aber publikumswirksam einfach mal daherflunkert, auch die deutsche Kanzlerin werfe wie er die Roma aus dem Land.

Sarkozy wiederum, aufgrund seiner Ehe mit der modelnden und singenden Ex-Italienerin Carla Bruni dem Showgeschäft verwandt, kann überzeugend auch als Ko-Fürst des Zwergstaats Andorra auftreten, ein kurioses Amt, das dem französischen Staatspräsidenten automatisch zukommt.

Wie der in der Körperlänge etwas suboptimal ausgestattete Sarkozy damit klarkommt, dass "chère Angela" 2006 bis 2009 kontinuierlich als mächtigste Frau der Welt geführt wurde, während er selber in vergleichbaren Ranglisten eher mittlere Plätze einnimmt, ist nicht überliefert.

Sarkozys Ehrgeiz und Machttrieb vibrieren spürbar aus ihm heraus; bei der Kanzlerin sind diese Eigenschaften ebenso ausgeprägt, aber eindrucksvoll getarnt wie bei einer Fangschrecke. So manchem CDU-Granden mit hohen Zielen ist diese vermeintliche Harmlosigkeit zum Verhängnis geworden.

Englisch ist nicht eben die Lieblingszunge der beiden Staatslenker. Merkel spricht zudem kein Französisch, kann aber mit Russisch aufwarten, was Sarkozy aber nicht wesentlich weiterhilft. Es ist also erstaunlich, dass sich das deutsch-französische Dream-Team überhaupt so gut verständigt.