Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter wehrt sich gegen die Übernahme durch Florentino Pérez. Ein Hobby-Handwerker trotzt dem Präsidenten von Real Madrid

Die Liste der Gemeinsamkeiten zwischen Florentino Pérez Rodríguez (r.) und Herbert Lütkestratkötter ist kurz. Beide sind äußerlich eher unscheinbare Brillenträger, haben ein Ingenieurstudium absolviert und sind Chef eines weltweit bedeutenden Bauunternehmens - und in dieser Eigenschaft spielen sie die Hauptrollen in einem spannenden Wirtschaftsthriller: Der spanische Marktführer ACS will den Hochtief-Konzern aus Essen schlucken, dieser wehrt sich erbittert.

Manche Politiker in Düsseldorf und Berlin, die sich öffentlichkeitswirksam mit Hochtief solidarisieren, sehen in dem Übernahmekampf gar eine Angelegenheit von nationaler Bedeutung. Spanien gegen Deutschland, das erinnert an das Halbfinale der diesjährigen Fußballweltmeisterschaft.

Allerdings arbeiten Mesut Özil und Sami Khedira, die damals im deutschen Nationaltrikot antraten, inzwischen für Florentino Pérez, denn der 63 Jahre alte ACS-Chef ist nebenbei auch Klubpräsident von Real Madrid.

Nicht kleckern, sondern klotzen, so hat es der in der spanischen Hauptstadt geborene Manager stets gehalten. In seiner ersten Amtszeit als Real-Präsident vom Jahr 2000 an holte er Luis Figo, Zinédine Zidane, Ronaldo, David Beckham, Michael Owen. "Die Galaktischen" nannte die spanische Presse die Truppe. Dabei sieht Pérez den Fußball für einen Spanier erstaunlich leidenschaftslos. Real Madrid ist für ihn ein Industriebetrieb, in die Spieler investiere man wie in Maschinen - und die teuersten Spieler seien am Ende die rentabelsten. Als die Rechnung zwar wirtschaftlich aufging, die sportlichen Erfolge aber ausblieben, musste Pérez 2006 gehen. Als man ihn im Juni 2009 zurückholte, setzte er die Einkaufstour umgehend fort. Der Brasilianer Kaká kostete 65 Millionen Euro, der Portugiese Ronaldo 94 Millionen.

Mit einer ähnlich schlichten Strategie brachte es Pérez, nachdem seine ursprünglich angestrebte Karriere als Politiker scheiterte, in der Bauwirtschaft bis ganz oben - nur mit dem Unterschied, dass er hier zunächst weniger Geld einsetzte. Für angeblich nur eine Peseta kaufte er zusammen mit Partnern im Jahr 1983 einen insolventen mittelständischen Betrieb, sanierte ihn, kaufte die nächste angeschlagene Firma und dann noch eine.

Aber auch hier wurden die Übernahmen schließlich immer teurer. Heute ist ACS zwar Marktführer in Spanien, aber hoch verschuldet. Schon deshalb könnte man die finanziell überaus solide Hochtief sehr gut gebrauchen.

Während Pérez, dessen Privatvermögen auf 1,9 Milliarden Euro geschätzt wird, Geschäftspartner schon einmal auf seine 33-Meter-Yacht "Pitina II" bitte, pflegt Herbert Lütkestratkötter einen deutlich anderen Lebensstil. Mit den Patenkindern ist er auf Zelttouren in den Alpen gegangen, das Dachgeschoss seines Hauses hat er eigenhändig ausgebaut, was er nach eigenem Bekenntnis als entspannend empfand.

Der 60-Jährige wirkt äußerst bodenständig, in der Öffentlichkeit zeigt er sich selten. "Dr. Lü" nennen sie ihn aus naheliegenden Gründen bei Hochtief. Das ist keineswegs despektierlich gemeint - und dieser Spitzname dürfte auch schon zu den extravagantesten Attributen des promovierten Bauingenieurs gehören. Aufgewachsen ist Lütkestratkötter auf einem Bauernhof in Wiedenbrück, auf der Grenze zwischen Ostwestfalen und dem Münsterland. Wie er selbst sagt, zeichnen sich Menschen aus diesem Landstrich nicht zuletzt durch Geradlinigkeit aus.

Gerade dies stachelt seinen Kampfgeist an. Denn er fühlt sich hintergangen: ACS ist seit Jahren an Hochtief beteiligt, Lütkestratkötter und Pérez sind sich daher bei verschiedenen Gelegenheiten begegnet. Es habe aber die Absprache gegolten, dass die Spanier keinen Übernahmeversuch starten, heißt es in Essen.

Rückschläge hat Lütkestratkötter in seiner Laufbahn ebenso hinnehmen müssen wie sein Gegenspieler. Als er - noch vor der Zeit bei Hochtief - zu Philipp Holzmann wechselte, rutschte das Unternehmen kurz danach in die Pleite. Als Arbeitsdirektor musste Lütkestratkötter Tausende Stellen streichen. Diese Erfahrung habe ihn "schussfester" gemacht, sagt er. Diese Härte kann er nun im Abwehrkampf gegen ACS gut gebrauchen.

Doch Experten wären nicht überrascht, wenn die Partie ausginge wie das WM-Halbfinalspiel im Juli - mit einem Sieg der Spanier.