"Ein Fisch spürt erst dann, dass er Wasser zum Leben braucht, wenn er nicht mehr darin schwimmt. Unsere Kultur ist für uns wie das Wasser für den Fisch. Wir leben und atmen durch sie", schreibt Alfons Trompenaars, ein zeitgenössischer niederländischer Wissenschaftler. So gesehen ist es kein Wunder, dass die drohenden Kürzungen im Kulturetat der Stadt derart viele Menschen in Bewegung bringen. Dass das Altonaer Museum so gut besucht ist wie schon lange nicht mehr, ist vielleicht ein Zeichen dafür, dass die Fische merken, dass es ihnen an ihre Existenz geht. Es ist gut, dass in Hamburg - wieder einmal - für die Kultur heftig gestritten wird. Denn Kultur ist kein Luxusgut, sondern ein Grundlebensmittel. Wir deuten und gestalten, spiegeln und verfremden unseren Alltag durch sie. In ihren unterschiedlichen Ausdrucksformen bewahren wir Vergangenes, denken über das Mögliche nach und träumen von dem Unmöglichen. Wir brauchen Kultur, um zu verstehen, woher wir kommen, wer wir sind und was uns verbindet. Dies kann in städtischen Museen genauso geschehen wie im Off-Theater, bei Kinderlesungen in öffentlichen Bücherhallen und in der Oper, in Jazzkneipen und auf Poetry-Slams.

Auch die Kirchen sind Orte der Kultur. Sie laden dazu ein, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Sie inspirieren uns über das Alltägliche und Zeitliche hinaus, ein "Anderes" zu erleben. In dieser Dimension berühren sich Religion und Kultur. Sie sind Spielorte der Freiheit, kreativ und geistreich, können verstören und irritieren, aber auch erbauen und trösten. So wenig wie die Kultur auf religiöse Inhalte und Motive verzichten kann, so wenig kommt die Religion ohne die Kultur aus. Davon zeugen nicht nur die Kunstschätze der Religionen. Die Auseinandersetzung mit Literatur und bildender Kunst, Musik, Theater und Film ist sogar notwendig für eine lebendige religiöse Entwicklung. Gerade in ihren religionskritischen Formen bewahrt uns die Kultur davor, leerzulaufen oder zu vertrocknen wie ein Fisch ohne Wasser.

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