Ein Kommentar von Joachim Mischke

An Schwachen vergreift man sich nicht. Was schon als Kindergartenregel Sinn macht, gilt auch für die Hamburger Kultur - und sogar für den Kultursenator selbst. Für Sonntag hat er sich bei der "Götterdämmerung" angemeldet. Wie passend. Schön wird diese Premiere für Reinhard Stuth, der Staatstheaterpremieren zuletzt mied, garantiert nicht. Falls er kommt, wird er Wählern begegnen, deren Leben er ärmer machen will und die erkannt haben: Dieser Befehlserfüller ist ein Symptom. Ein in seiner Beratungsresistenz besonders wirklichkeitsfernes Exemplar. Die Ursache allen akuten Übels ist Stuth nicht.

Die Ursache für das Revival des tot geglaubten Pfeffersacks ist älter. Kultur hat keine Hausmacht mehr im Rathaus. Die CDU, toleriert vom Partner GAL, will metzeln, die Opposition druckst und eiert. Dabei wäre Punkten jetzt so einfach: Vor jeder Bücherhalle ein SPD-Abgeordneter, der sich als Vorwahlkampf-Maßnahme ankettet? In jeder Schauspielhaus-Vorstellung ein Appell von Freundeskreislern? In jeder Ausstellung eine leere Wand, die zeigt, was fehlt, wenn Kultur auf ihren Vermarktbarkeitsgrad reduziert wird?

Kultur ist, was den Menschen ausmacht, sagte John Neumeier. Protest gegen das, was hier Kulturpolitik sein soll, kann nicht länger nur eine Sache der direkt Betroffenen sein.

Bei Solidarität mit Kultur ist jeder gefragt.