Wilde Tiere und ein Wadenbeinbruch. In sechs Monaten Motorrad-Mission hat der 39-Jährige Hamburger Hendrik Kempfert viel erlebt.

St. Pauli. Sieben Monate hätte Hendrik Kempfert Zeit gehabt. Fünf hatte er eingeplant, sechs hat er gebraucht - für seine "Motorrad-Mission" durch Afrika. In 180 Tagen fast um die Welt, von Hamburg nach Kapstadt. Nur ein Mann und sein Motorrad. Mehr als 21 000 Kilometer hat der 39-Jährige auf der "Dicken" zurückgelegt, wie er seine Royal Enfield, Baujahr 1981, liebevoll nennt. Mit seiner Einzylinder-Maschine in 60er-Jahre-Optik hat er sich durch den dichten Beiruter Verkehr geschlängelt, ist durch die nordkenianische Steinwüste gebrettert und hat in Simbabwe Elefantenherden und Löwen links liegen lassen.

Seit wenigen Tagen ist der Abenteurer, der Diplom-Ingenieur ist und sich wegen seines Motorradausflugs bei seinem damaligen Arbeitgeber Newtention Technologies eine Auszeit ausgehandelt hatte, zurück in Hamburg. Während er auf die Elbe blickt, erzählt der gebürtige Kieler von Waisenkindern, wilden Tieren und seinem Wadenbeinbruch. Von wegen "Easy Rider", leicht sei es nicht immer gewesen. "Dennoch würde ich sofort wieder los." Mit Fernweh habe er sich angesteckt - und leider auch mit Malaria.

Schmerzhaft sei aber vor allem die Erinnerung an seinen Unfall im Sudan. In der Dämmerung war er eine Schotterpiste hinuntergeprescht, hatte zu viel Gas gegeben. "Weil ich so schnell wie möglich meine Zelte aufschlagen wollte, irgendwo unter Palmen und Sternenhimmel." Doch der Hamburger verlor die Kontrolle über seine beladene, etwa 300 Kilogramm schwere Maschine, er fiel ab - und "die Dicke" auf ihn drauf. "Mein Bein tat gleich höllisch weh", sagt der Mann mit dem kurzen dunkelblonden Haar. Was tun, einen Notruf via Satellit absetzen oder warten, bis in der Einöde ein Helfer auftaucht? Etwa eine halbe Stunde später kreuzte ein Feuerwehrauto auf - mit Bielefelder Kennzeichen.

Die Männer aus dem Westfälischen waren unterwegs zur Fußball-WM und nahmen Hendrik Kempfert samt Maschine mit - zunächst in die Hauptstadt Khartum, wo Kempferts Bein eingegipst wurde, dann weiter nach Äthiopien. "Glück im Unglück. Aber von solchen Zufällen habe ich gelebt", sagt der FC-St.-Pauli-Anhänger, der nicht nur sein Motorrad mit Totenkopfstickern verziert hat, sondern auch an jeder der 16 Staatsgrenzen, die er passierte, das Symbol seines Herzensvereins heimlich irgendwo anheftete. "Meine kleine Fan-Guerilla-Aktion."

Wegen seines Wadenbeinbruchs musste Kempfert das Motorrad knapp vier Wochen stehen lassen - und verbrachte so mehr Zeit als ursprünglich geplant im äthiopischen Welkite, wo er ein Schulprojekt unterstützte. "Es war unglaublich ergreifend, wie sehr sich die Kinder über meine Ankunft gefreut haben", sagt der Hamburger, der insgesamt zwölf soziale Projekte, darunter auch die Trinkwasser-Initiative "Viva con Agua", besuchte und Spenden von 7000 Euro einfuhr. Er habe nicht durch einige der ärmsten Regionen der Welt rollen wollen, ohne zu helfen. Die Projekte hatte er sich vor seiner Abreise über die Internetplattform betterplace.org ausgesucht.

In seinem Blog schrieb Hendrik Kempfert über seine Eindrücke. "So habe ich den einen oder anderen Daheimgebliebenen zum Spenden bewegt." Jetzt will er den Verein "Du bist Afrika" gründen, bei Vorträgen von seinem längeren Motorradausflug, der 7500 Euro gekostet hat, berichten und ein bisschen Geld sammeln für die Menschen, die er unterwegs kennengelernt hat.

Wilde Tiere hat er auch gesehen, wenn auch nicht immer wahrgenommen. Mitten im Chobe Nationalpark in Botswana hatte seine Enfield eine Reifenpanne. Sofort machte er sich daran, den Reifen zu wechseln. "Die Löwen am Wegesrand habe ich gar nicht gesehen. Erst später habe ich gemerkt, wie brenzlig es hätte werden können."

Gar nicht brenzlig, sondern romantisch war die Situation am Kap der Guten Hoffnung, wo die Tour endete. Dort machte Hendrik Kempfert seiner Freundin Isabel einen Heiratsantrag. "Wenn man monatelang allein unterwegs ist, denkt man darüber nach, was im Leben wirklich zählt."

Aussteigen will er trotzdem wieder. "Eine längere Motorradtour durch Russland, darauf hätte ich mal Lust."