Auf dem Dampfer von Finkenwerder zu den Landungsbrücken herrscht Hochbetrieb. Plötzlich ruft ein junger Mann, ein deutscher Türke oder türkischer Deutscher, quer durch das Schiff zu seinem Kumpel: "Ey, weißt du, was richtig scheiße ist an Deutschland?" Seine Frage ist nicht zu überhören. Was wird er sagen, was hat er zu meckern? Ist er einer der Integrationsunwilligen?

Auch die Mitfahrenden scheinen seine Antwort gespannt zu erwarten. Was könnte dieser junge Migrant wohl so abstoßend an Deutschland finden? Die Sarrazindebatte zeigt eine fragwürdige Wirkung. Man beginnt, die Wirklichkeit unwillkürlich an seinen steilen Thesen zu überprüfen. Doch der Mann "enttäuscht" uns mit seiner Antwort: "Das Wetter ist scheiße!!!" Wie aufs Stichwort blicken alle aus den Fenstern - auf den prasselnden Regen und die Gischt. Wer wollte ihm widersprechen.

"Du sollst dir kein Bildnis machen." Das sollte wohl besser nicht nur für unser Gottesbild gelten. Wie schnell tanzen die Menschen verzückt um ihre eigenen Bilder. In der Wüste zur Zeit Moses war es das Goldene Kalb. Heute erheben wir vielleicht den eigenen Vorteil zum höchsten Gut oder eben auch unsere eigenen festgefahrenen Urteile und Vorurteile. Letztens fragte mich eine Konfirmandin: "Warum soll man sich kein Bild von Gott machen?" Es begann eine hitzige Diskussion. Zahllose Gottesbilder rauschten durcheinander. Die Jungen vertraten die Überzeugung: "Gott ist auf alle Fälle ein Mann." Schließlich sei "die Welt ja auch nicht voller Blümchentapeten". Die Mädchen konterten umgehend: "Gott ist eine Frau. Gott ist stark. Und Frauen sind stärker als Männer, sogar im Fußball. Schließlich sind die Frauen Weltmeister." Und so ging es hin und her. Es war spannend zuzuhören. Am Ende stand fest: Gott sei Dank, erschöpft sich Gott nicht in einem festen Bild.

Gleiches gilt für Frauen und Männer, ob nun Deutsche oder Migranten. Festschreibungen helfen nicht, Gottes Fülle zu begreifen. "Du sollst dir kein Bildnis machen." Das erweitert den Horizont - mal im Konfirmandenunterricht, mal in der politischen Debatte, mal auf dem Elbdampfer.

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