Der Sohn des Apfelkorn-Erfinders will Hamburg mit einem Softdrink erobern. Auch bundesweit ist Hot Dragon schon in Bars und Restaurants zu finden.

Hamburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Prachtvilla an der Elbchaussee eine Kommandozentrale der britischen Offiziere. Auch heute fungiert sie noch als Ausgangspunkt für Eroberungen - allerdings ohne Strammstehen und militärischen Befehlston. Denn es sind moderne Waffen, mit denen Friedrich Berentzen, 44, und Helmut Heuvels, 57, in den deutschen Getränkemarkt vorstoßen wollen: ein alkoholfreies Szenegetränk namens Hot Dragon, ergiebige Branchenkontakte und jahrzehntelange Erfahrungen in einem umkämpften Markt.

Wie könnte es auch anders sein, wenn man Friedrich Berentzen heißt und der jüngste Sohn des gleichnamigen Apfelkorn-Erfinders ist. "Die Vorliebe für Getränke habe ich praktisch in die Wiege gelegt bekommen", sagt Berentzen junior. Er ist ein Mann mit vergnügten braunen Augen, der gerne scherzt und die dunklen Haare für sein Alter mit erstaunlich viel Gel verwuschelt trägt. Schon als kleiner Junge im Emsland mixte er mit Friedrich Berentzen senior im Labor Getränke und philosophierte über Geschmacksnoten. Als er zehn Jahre alt war, gelang seinem Vater mit dem legendären Apfelkorn die erfolgreichste Spirituosenneueinführung nach dem Zweiten Weltkrieg. Und damit auch die Verwandlung der 250 Jahre alten Schnapsbrennerei im niedersächsischen Haselünne in einen börsennotierten Konzern mit Marken wie Puschkin, Bommerlunder und Doornkaat.

Ein Einstieg in das Familienunternehmen war für Friedrich Berentzen, den Sohn, trotzdem nie eine Option. Die Firmenleitung war schon an den großen Bruder vergeben. Ganz traditionell. "Ich wollte außerdem immer mein eigenes Ding machen", sagt Berentzen. Sein eigenes Ding bestand aus einem BWL-Studium mit anschließender Karriere als Marketingberater für Branchengrößen wie Carlsberg, Krombacher, Müller Milch und Pepsi Cola. Irgendwann beschloss er, doch in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und sein eigenes Getränk herauszubringen - "und zwar eine echte Innovation".

Anstatt in die Führungsetage der Berentzen-Gruppe in Haselünne führte es ihn an die Hamburger Elbchaussee. Hier gründete er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Helmut Heuvels, früherer Marketingleiter bei Schweppes und Tchibo, die Zwei-Mann-Firma Drinks Company. Das war vielleicht auch besser so - angesichts der Tatsache, dass sich die Berentzen AG vor zwei Jahren vom Finanzinvestor Aurelius aufkaufen lassen musste. Dass der neue Besitzer der Berentzen-Gruppe nun auch mit alkoholfreien Getränken expandieren will, stört Friedrich Berentzen nicht weiter. Er ist ein Optimist, der an den Erfolg seines Hot Dragon, ein Gingerale mit Ingwer- und Chiligeschmack, glaubt. "Man muss eben Glück haben und den Nerv der Verbraucher treffen", sagt er leichthin.

Auch wenn es bestenfalls ungewiss ist, ob Hot Dragon jemals einen so durchschlagenden Erfolg haben wird wie der Apfelkorn von Friedrich Berentzen senior. "Jedes Jahr kommen Hunderte neue Getränke in diesen umkämpften Markt", sagt Sepp Gail, Verbandschef des Deutschen Getränke-Einzelhandels. Selbst Branchengrößen wie Coca-Cola scheitern oft mit Produkteinführungen. Von 100 neuen Getränken haben laut Gail etwa zehn einen Achtungserfolg, höchstens eines werde zum Verkaufsschlager. Allerdings: Auch die Ökobrause Bionade war zunächst ein Flop, wurde erst mit hohen Investitionen zum Kultgetränk.

Die Herausforderung nehmen Heuvels und Berentzen mit Humor. Mit Sprüchen wie "Immer hot, nie hü". Mit Werbepartnern wie dem Grillprofi Andreas Rummel, der Hühnerbrust mit Hot Dragon mariniert. Und einem Schlachtplan, den sie im Erdgeschoss der geschichtsträchtigen Elbchaussee-Villa entworfen haben. Dort türmen sich Getränkekisten, leere und volle Flaschen der Konkurrenz und stapelweise Bierdeckel unter der stuckverzierten Decke mit Riesenkronleuchter. Vorm Fenster steht ein Tischkicker, der aussieht, als käme er oft zum Einsatz. "Unsere Vertriebsmethode ist eine Art Häuserkampf", sagt Berentzen und lacht vergnügt. "Ein paar Türen müssen wir noch aufreißen, bevor wir es in den Großhandel schaffen."

Immerhin, mehr als 200.000 Flaschen sind verkauft, eine kleine Brauerei in Ostdeutschland produziert eifrig Nachschub. Ein paar Dutzend Bars, Restaurants und Händler bundesweit haben Hot Dragon bereits ins Sortiment aufgenommen. Darunter auch mehrere Hamburger Edeka-Filialen, der Lieferservice Asia Quick und das Nippon-Hotel am Hofweg. Auch das Westin Grand und das Mandarin-Hotel in München setzen auf das Getränk, das es eines Tages in diversen Geschmacksrichtungen geben soll.

Den Segen eines ausgewiesenen Branchenkenners hat es immerhin: Friedrich Berentzen senior, der im Februar 2009 im Alter von 80 Jahren starb, durfte die Erfindung seines Sohnes noch vor der Markteinführung testen. Hot Dragon schmeckte ihm.