Liebe Hamburgerinnen Hamburger,

als meine Ehefrau Shoshi und ich vor ein paar Jahren wegen meiner Gastprofessur an der Akademie für Weltreligionen nach Hamburg reisten, hatten wir zwei große Koffer dabei. Einer war gefüllt mit Kleidung, der andere mit Lebensmitteln. Weil es in Ihrer Stadt kaum koschere Lebensmittel zu kaufen gab. Aber das hat sich geändert. Jetzt werden wir am Grindel fündig und können ausreichend einkaufen, um uns in der Küche des Gästehauses der Universität an der Rothenbaumchaussee ein gutes Essen zu kochen. Sogar koscheres Geflügel und Wein sind im Angebot.

Auch sonst habe ich den Eindruck, dass jüdisches Leben in Hamburg gedeiht. Gerne weile ich im Café Leonar am Grindelhof und philosophiere mit Freunden aus aller Welt. Aber nicht nur im Univiertel beobachte ich mit Freude die Vielfalt der Kulturen und Religionen. Ein bisschen erinnert mich das an die Altstadt von Jerusalem. Das kulturelle Neben- und Miteinander, so mein Eindruck von zwölf Hamburg-Reisen, hat ebenso zugenommen wie die Toleranz in dieser Stadt. Dazu zählen auch die vielen "Stolpersteine", die für Anstöße sorgen.

Meine anderen Beobachtungen sind eher amüsant: Die meisten Türen sind schwer zu öffnen. Was wiederum den Vorteil hat, sich Frauen gegenüber als Kavalier darstellen zu können. Zweitens macht die Bürokratie Freude. Als ich am Dammtorbahnhof eine Fahrkarte kaufen wollte, dauerte das Gespräch zehn Minuten. Weil man mir auch eine BahnCard und sogar Versicherungen anbot. Und drittens: In Hamburg gibt es erstklassiges Holzspielzeug zu kaufen. Für unsere drei Enkelkinder. In Israel ist so etwas schwierig zu finden und außerdem viel teurer.

Ephraim Meir hat aktuell eine fünfwöchige Gastprofessur an der Akademie der Weltreligionen übernommen.