Liebe Hamburgerinnen und Hamburger,

vom Hafengeburtstag und anderen Großveranstaltungen mal abgesehen, musste ich mich an die sonntägliche Ruhe in der Stadt nach meiner Ankunft im November 2008 erst mal gewöhnen: Die Geschäfte sind geschlossen, die Straßen leer. Zumindest im Vergleich zu meiner Heimat. Da ist am Wochenende die komplette Familie draußen auf der Straße.

Ebenfalls treffen sich Freunde aus dem Betrieb oder Büro. Denn auch dies ist mir in Hamburg aufgefallen: Beruf und Privatleben sind viel klarer getrennt. In China ist es eine Selbstverständlichkeit, mit Arbeitskollegen zum Essen und Karaoke zu gehen oder zu verreisen. Apropos Karaoke: Von richtig guten Lokalen dieser Art habe ich hier noch nichts gehört. Umgekehrt lernt Ihr in Hamburg Freunde durch den Sportverein kennen - das gibt es in meinem Heimatland gar nicht. Auch andere Unterschiede machen den Reiz aus und sind spannend. Zum Beispiel die Tanzschulen. Bei uns sind die Lehrer strenger, und es geht ernster zur Sache. In Hamburg ist Tanzen eher eine Party. Es gibt Bier, Wein und Cocktails zu trinken, und alle reden fröhlich durcheinander. In Sachen Alkohol halte ich mich lieber zurück. Auch dass hier schon nachmittags getrunken wird, ist eine interessante Beobachtung.

Die Hanseaten an sich sind höflich und korrekt, aber nicht überaus fröhlich. Ich glaube, dass in anderen Weltstädten mehr gelacht wird - zumindest öffentlich. Manchmal gebe ich dazu Anlass, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin. Denn an Rücktrittsbremsen, wie in Deutschland üblich, kann ich mich partout nicht gewöhnen. Also fahre ich lieber U-Bahn.

Yang Li studiert an der Bucerius Law School Jura und Betriebswirtschaft. Aufgezeichnet von Jens Meyer-Odewald