Neustadt. Eine 46-jährige Rechtsanwältin muss sich vor dem Amtsgericht verantworten, weil sie ihre Kontovollmacht als Betreuerin ihrer schwer kranken Mutter missbraucht haben soll. Laut Anklage hat sie im März 2009 erst eine Termingeldanlage in Höhe von 286 422 Euro aufgelöst und sich am Folgetag, an dem ihre Mutter starb, 280 000 Euro daraus auf ihr eigenes Konto überwiesen. Auf diese Weise habe sie ihren Bruder um den Bargeldanteil des Erbes gebracht.

Die Angeklagte sagte am Freitag zum Prozessauftakt, ihre Mutter habe ihr das Geld schenken wollen. Die 86-Jährige war kurz zuvor mit Verdacht auf einen Schlaganfall ins Krankenhaus gebracht worden. Da ihr Sohn sie dort nicht besucht hatte, habe die Mutter das Testament zu ihren Gunsten ändern wollen. Kurz vor ihrem Tod soll die Mutter der Tochter gesagt haben: "Nimm dir das Geld, du hast ja die Vollmacht." Zeugen oder schriftliche Beweise für die angebliche Schenkung der 280 000 Euro gibt es jedoch nicht.

Der als Zeuge geladene Arzt der 86-Jährigen sagte, die kranke Frau sei kaum in der Lage gewesen, geschäftliche Entscheidungen zu treffen. Die 88-jährige Cousine der Gestorbenen war ebenfalls als Zeugin geladen. Bei ihren Besuchen sei ihr aufgefallen, wie eifrig die Tochter versucht habe, "aus der Mutter herauszupressen, dass der Bruder nur den Pflichtanteil bekommen soll. Das hat sie aber nie gesagt." Die Geschwister hätten seit jeher kein gutes Verhältnis zueinander gehabt. Der Prozess wird fortgesetzt.