Der HVV kündigt den Vertrag mit der Vereinigten Innungsgeschäftsstelle nach 16 Jahren

Hamburg. Die Diplomaugenoptikerin Maike Salewski lebt in Lüneburg und arbeitet in der Hamburger Innenstadt. Es macht ihr nichts aus, täglich etwa eine Stunde lang mit der Bahn zu ihrem Arbeitsplatz zu fahren. Mit den monatlichen Kosten von 87 Euro für ihre Profi-HVV-Karte ist das Pendeln zwischen Wohnort und Arbeitsplatz für die junge Frau erschwinglich. Aber nicht mehr lange. Denn die 26-Jährige muss vom nächsten Jahr an tiefer in die Tasche greifen. Denn der Hamburger Verkehrsverbund hat den Kooperationsvertrag mit der Vereinigten Innungsgeschäftsstelle Hamburg (VIG) zum nächsten Jahr gekündigt. Die Folge: Die angeschlossenen Handwerksbetriebe können ihren Angestellten keine vergünstigte HVV-Abo-Karte mehr anbieten.

"Auf mich kommen dann Kosten in Höhe von 135 Euro im Monat zu", sagt die Lüneburgerin. "Ich finde diese Umstellung einfach ungerecht. Warum sollen wir kleinen Handwerker mehr zahlen?" Hintergrund der Geschichte: Der HVV bietet Unternehmen, die mehr als 100 Abo-Fahrkarten für ihre Mitarbeiter abnehmen, einen vergünstigten Preis im Rahmen der sogenannten ProfiCard an. Kleine Unternehmen, besonders viele Handwerksbetriebe, können diese Größenordnung jedoch nur selten erreichen. Im Durchschnitt beschäftigt jeder Hamburger Handwerksbetrieb nach Angaben der Innungsgeschäftsstelle etwa neun Mitarbeiter.

"Um auch Arbeitnehmern kleiner Betriebe diese Vergünstigung zu ermöglichen, haben wir seit 16 Jahren eine Kooperation mit dem HVV. Durch einen Zusammenschluss von insgesamt 116 Betrieben kommen wir gemeinsam auf eine Gesamtzahl von etwa 500 Abo-Kunden, die das Angebot nutzen", sagt Jan-Henning Rudolph, stellvertretender Geschäftsführer der VIG.

"Für das Jahr 2011 wurde nun der Vertrag vom HVV gekündigt. 500 Handwerker müssen dann wesentlich mehr für ihre Fahrkarte zahlen." Die Innung sieht das als Benachteiligung an und will sich diese "skandalöse Ungleichbehandlung" nicht gefallen lassen. Die VIG ruft ihre Mitglieder auf, sich beim HVV zu beschweren. Der reagiert jedoch gelassen. "Natürlich verstehen wir den Ärger der einzelnen Kunden, aber es werden von der VIG eben nicht die Voraussetzungen für ein Großkunden-Abo erfüllt. Deshalb müssen wir diese Vereinbarung, die damals sowieso ein Pilotprojekt war, nun aufheben", sagt Gisela Becker, Pressesprecherin des HVV. "Die Preiskalkulation der ProfiCard geht nur auf, wenn pro Betrieb mindestens 20 Karten abgenommen werden." Zudem könne der Verkehrsverbund es nur schwer gegenüber normalen Abonnenten rechtfertigen, wenn einzelne Mitarbeiter in einem kleinen Unternehmen diese Vergünstigungen erhalten.

Können die Proteste des VIG den HVV nicht umstimmen, werden die erhöhten Preise bei Kunden wie Georg Minkler, Azubi zum Segelmacher bei Willy Bremer und Söhne, Probleme auslösen. Weil er einen Nischenberuf lernt, ist sein Verdienst nur sehr gering. Jeder Euro, den die Fahrkarte mehr kostet, ist schmerzhaft. "Derzeit muss unser Lehrling 43 Euro für seine ProfiCard zahlen. Das ist bei einem Tarifgehalt von 204,52 Euro enorm", sagt seine Chefin Claudia Bremer. "Regulär muss er dann ab Anfang nächsten Jahres 54,90 Euro ausgeben."

Innungsgeschäftsführer Jan-Henning Rudolph befürchtet zudem, dass bei teureren Fahrkarten viele Handwerker auf das Auto für den Arbeitsweg umsteigen werden. "Hamburg soll doch im nächsten Jahr Umwelthauptstadt werden. Da ist das natürlich nicht gerade förderlich."

Auch die Friseurin Dana-Maria Ibsen wird eine teurere Fahrkarte extrem treffen. Schließlich legt sie täglich die Strecke von Tornesch zu ihrem Salon in Lokstedt zurück. "Ich habe keinen Führerschein, deshalb habe ich eigentlich keine Alternative zur Bahn", sagt die 21-Jährige. Als Auszubildende zahlt sie für ihre ProfiCard derzeit 40 Euro, ihr Betrieb unterstützt sie mit weiteren 10 Euro. "Weil ich nächstes Jahr aber kein Azubi mehr bin, muss ich etwa 90 Euro zahlen. Und das ist für mich echt ziemlich viel Geld." Trotzdem wird die junge Frau diese Last auf sich nehmen. Ein Umzug in die Hamburger Innenstadt kommt für sie nicht infrage. "Ich habe meine Familie in Tornesch, und mein Pferd ist auch da", so Ibsen. "Aber ich sehe es nicht ein, mehr dafür zu zahlen."