Haben Sie Sorgen, Probleme im Alltag? Ralf Nehmzow ist Leserbotschafter des Abendblatts, er vermittelt, hilft, engagiert sich für die Interessen der Leser. An den ersten Donnerstagen im Monat lässt er Leser mit jeweils drei Fällen zu Wort kommen, konfrontiert damit die betroffenen Behörden, Institutionen und Unternehmen. Nicht alle Fälle lassen sich lösen, manchmal gibt es nur Erklärungen. Am jeweils letzten Donnerstag dokumentiert er den "Fall des Monats" mit Ergebnis.

Der Fall

Simone Özkardas, 37, möchte eine Kur machen, diese sei dringend notwendig, sagt sie. Sie schickte also einen Antrag für eine "Mutter-Kind-Kur" an ihre Krankenkasse, die AOK. "Ich lebe alleine mit meinen zwei Kindern in Hamburg, beziehe Arbeitslosengeld II. Wir haben im erheblichen Ausmaß chronische Erkrankungen, ich versuche eine Arbeit zu finden, bin jedoch aufgrund meiner Behinderung nicht vermittelbar. Die Ausgaben für Bildung meiner Kinder bezahle ich vom Hartz IV. Da ich meine Kinder alleine erziehe, sind meine Ressourcen sehr ausgeschöpft."

Zwei Wochen lang tat sich nichts. In der Geschäftsstelle der AOK in Hamburg erkundigte sie sich schließlich telefonisch. "Man hat mir zwischen den Zeilen dezent deutlich gemacht, dass ich mit meinen gesundheitlichen Problemen und als Arbeitslose sowieso keine Kur genehmigt bekäme. Eine Mitarbeiterin sagte mir, wenn ich beispielsweise eine Krankenschwester wäre, mit Arbeit, dann hätte ich Chancen auf die Kur, so aber nicht. Das empfand ich als diffamierend. Ich brauche die Kur dringend. Warum bekomme ich sie nicht?"

Die Recherche

Nachdem sich der Leserbotschafter eingeschaltet hat, kommt plötzlich Bewegung in den Fall. AOK-Mitarbeiter nehmen Kontakt zu der Frau auf. Die Bitte der AOK an Simone Özkardas: Sie möge alle Unterlagen, inklusive medizinischer Gutachten, einschicken, dann werde man den Fall eingehend prüfen. Das macht Simone Özkardas sofort. Sie reicht auch ärztliche Befundberichte ihrer beiden Kinder ein, sie leiden am Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom.

Wenig später bekommt sie Post von der AOK: "Wir bedauern, dass Sie den Eindruck hatten, dass allen Arbeitssuchenden eine Mutter-Kind-Kur abgelehnt wird. Dies ist natürlich nicht der Fall. Jeder Antrag wird bei uns eingehend geprüft. Bei der Bewilligung einer Mutter-Kind-Maßnahme kommt es immer zum einen auf die medizinische Notwendigkeit an, zum anderen auch auf die begleitenden Umstände, wie z. B. die Lebenssituation und die individuellen Belastungen, die aus der Rolle als Mutter und Erziehungsperson erwachsen. Um Ihnen dies zu erklären, hat die Kollegin in Ihrem Telefongespräch beispielhaft die Krankenschwester erwähnt." Und weiter: "Leider können wir in Ihrem Fall anhand der vorliegenden Unterlagen noch nicht abschließend prüfen." Die AOK verlangt weitere ärztliche Unterlagen, Simone Özkardas reicht diese nach.

Das Ergebnis

Kurz darauf bekommt Simone Özkardas erneut Post von der AOK. "Möchten Sie mit Ihren Kindern durch das Watt wandern, Muscheln sammeln, am Strand herumtoben und dabei noch kräftig Energie tanken für den Alltag? Wir ermöglichen es Ihnen und bringen Sie hin - zur wunderschönen Nordseeinsel Amrum", schreibt die Krankenkasse. Im Klartext: Sie bekommt die Kur genehmigt. "Nach Eingang der nötigen Unterlagen seitens der Versicherten kam jetzt seitens des ärztlichen Dienstes die positive Rückmeldung", sagt Sabine Schlingmann von der Stabsstelle der AOK Rheinland/Hamburg. Vier Wochen auf Amrum in der AOK Nordseeklinik, ein Traum für Simone Özkardas mit ihren beiden Kindern. Gesamtwert der Kur: 6075 Euro. "Ich freue mich wahnsinnig und bin überglücklich, damit hatte ich gar nicht mehr gerechnet", sagt sie. Ein Appartement ist reserviert, im Oktober geht es los. "Die Reise ab Hamburg zur Klinik organisieren wir für Sie in einem Reisebus", schreibt die AOK an die Mutter.

So erreichen Sie den Leserbotschafter: Schicken Sie bitte Ihre Alltagsärger-Fälle, kurz skizziert, mit Ihrer Telefonnummer per E-Mail an: Leserbotschafter@Abendblatt.de oder an: Leserbotschafter Ralf Nehmzow, Chefredaktion Hamburger Abendblatt, Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg.