Bischof Gerhard Ulrich will so weitere Missbrauchsfälle verhindern

Hamburg. Der Umgang mit Kindern und Jugendlichen ist fester Bestandteil seines Berufs. Kirchenmusiker Ulli Glaser, 27, probt mit dem Jugendchor, organisiert Bandprojekte und begleitet Konfirmandenfreizeiten. Mitarbeitern wie er müssen der Nordelbischen Kirche künftig ein erweitertes Führungszeugnis präsentieren. Das forderte Bischof Gerhard Ulrich am Donnerstag auf der Tagung der Nordelbischen Synode in Rendsburg. Bislang war das Dokument lediglich von Pastoren verlangt worden, jetzt geht es um alle haupt- und nebenberuflichen Mitarbeiter, die in ihren Arbeitsbereichen mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen. Damit will die Kirche auf die Missbrauchsfälle eingehen, die sich in den 80er-Jahren in Ahrensburg ereignet hatten.

Von Uli Glaser wurde ein solches Dokument noch nicht verlangt. Gerade wurde sein Arbeitsvertrag mit der Kirchengemeinde der Thomaskirche in Hausbruch um zwei Jahre verlängert. Vorweisen musste er nichts - auch nicht in den anderen Gemeinden, in denen er als Honorarkraft tätig ist. Sollte er ein Führungszeugnis nachreichen müssen, würde ihn das nicht stören. "Ich habe Verständnis dafür, wenn Arbeitgeber und Gesellschaft ein solches Zeugnis im Kinder- und Jugendbereich verlangen", sagt Glaser. "Allerdings wäre es überlegenswert, dieses Vorhaben auch auf die Schulen auszuweiten."

Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Führungszeugnis werden in einem erweiterten nicht nur schwere Sexualstraftaten aufgenommen, sondern auch alle anderen kinder-, und jugendschutzrelevanten Sexualdelikte. Diese werden bei einer Erstverurteilung von weniger als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von unter drei Monaten in einem normalen Führungszeugnis nicht aufgenommen.

Die Forderung von Bischof Ulrich nach einem solchen Dokument "stößt überall auf Zustimmung, ist bisher aber noch nicht verbindlich", sagt Thomas Kärst, stellvertretender Sprecher der Nordelbischen Kirche. Noch werde geprüft, ob eine Umsetzung durch eine Verwaltungsanordnung oder das Kirchengesetz veranlasst werden muss.

Die evangelischen Kitas seien grundsätzlich verpflichtet, ein erweitertes Führungszeugnis zu verlangen, so Kärst. Auch im diakonischen Werk wird es von den Jugendbetreuern gefordert. "Seit Juli sind Angestellte im Kinder- und Jugendbereich unseres Kirchenkreises verpflichtet, das entsprechende Zeugnis vorzuzeigen", erklärt Sprecher Wolfgang Främke. "Zudem prüft unsere Personalabteilung gerade, wie die Rechtslage bei Ehrenamtlichen ist." Im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein ist die Prüfung des Führungszeugnisses nicht einheitlich geregelt. Sprecherin Monika Rulfs erklärt: "Unsere Jugendarbeit auf Kirchenkreisebene wird größtenteils von Pastoren durchgeführt, die sowieso ein Führungszeugnis vorlegen mussten." Die untergeordneten Kirchengemeinden entscheiden selbst, ihnen empfiehlt der Kirchenkreis aber, diese Regelung zu übernehmen und auch bei Honorarkräften anzuwenden.