20-Jähriger soll ihr “Poppers“ verabreicht haben

Hamburg. Sie leidet bis heute. Die regelmäßigen Besuche im Krankenhaus, die schmerzhaften Behandlungen, die sie immer wieder über sich ergehen lassen muss. Und die Aussicht, dass es vielleicht bis an ihr Lebensende so bleiben könnte. Amelie ist heute 19, und ihre Speiseröhre ist so stark verätzt, dass sie eine Zeit lang nicht einmal Flüssigkeiten herunterschlucken konnte. Es sind die Spätwirkungen einer Schnüffeldroge, die die junge Frau aus Unkenntnis getrunken hatte. "Ich dachte, es ist ein Schnapsfläschchen, das mir da gereicht wird", sagt die Studentin mit zaghafter Stimme.

Jetzt vor dem Amtsgericht sieht Amelie den jungen Mann wieder, der für ihr Leiden verantwortlich sein soll. Nicolas B., ein flüchtiger Bekannter der jungen Frau, ist angeklagt, sie in der Nacht zum 23. August 2009 in einer Diskothek veranlasst zu haben, einen Schluck der Schnüffeldroge zu nehmen. Dem 20-Jährigen wird Körperverletzung vorgeworfen.

"Es tut mir leid, was geschehen ist", beginnt der blasse Angeklagte seine Schilderung des schicksalhaften Abends. Er habe die Schnüffeldroge "Poppers" zusammen mit Freunden in einem Sexshop gekauft. Ein Freund habe einen Warnhinweis auf der Flasche entfernt und sie in die Disco "eingeschmuggelt". Mehrere seiner Bekannten hätten an der Droge geschnüffelt, dann habe er das Fläschchen nach hinten weitergereicht. "Einen Moment später habe ich mich umgedreht und sah noch, wie Amelie die Flasche absetzte." Er habe gewusst, dass es gefährlich ist und "man es nicht trinken darf". Also habe er die junge Frau aufgefordert, ihren Mund auszuspülen.

Das hatte Amelie noch versucht. "Aber dann bin ich zusammengebrochen, danach weiß ich nichts mehr", erzählt die Zeugin. Ein Rettungswagen brachte sie in eine Klinik. Zunächst hatte die 19-Jährige Krämpfe und Schmerzen, war dann, als diese Beschwerden nachließen, entlassen worden.

Doch dann erst begannen die wirklichen Qualen, erzählt Amelie: Sie habe immer stärkere Schmerzen gehabt und immer schlechter schlucken können. "Zum Schluss konnte ich nicht mal mehr Brei essen oder vernünftig trinken." Erneut im Krankenhaus, zeigte eine Untersuchung, dass ihre Speiseröhre stark verätzt, vernarbt und kaum noch durchlässig war. "Ich habe dann da in der Klinik im Rollstuhl gesessen, mit einem Schlauch in der Nase", erzählt Amelie A., "und Nicolas hat mich so gesehen. Ich dachte, es kommt eine Entschuldigung oder so was. Aber er zeigte keine Regung." An normale Mahlzeiten, irgendwo mit Freunden im Restaurant, sei bis heute wegen ihrer Verletzungen nicht zu denken, sagt die Zeugin.

Doch die Schuld des Angeklagten sei gering, die Körperverletzung allenfalls fahrlässig begangen worden, sind sich die Verfahrensbeteiligten einig. Das Verfahren gegen Nicolas B. wird mit der Auflage eingestellt, dass er 4000 Euro Schmerzensgeld zahlt. "Ich wünschen Ihnen", sagt die Richterin zum Abschied zu Amelie, "dass alles doch noch endgültig verheilt."