Er hatte viel und verlor alles - zuletzt auch die Beherrschung

Bergedorf. Auch Blaublüter sehen mal rot. Als Paradebeispiel mag ein Prinz gelten, der einem Mann mit den Worten "One for the music, one for the light" (eine für die Musik, eine für das Licht) zwei Ohrfeigen verpasste, weil ihm was nicht passte.

So handgreiflich hatte es der gestern vor dem Amtsgericht Bergedorf angeklagte 57Jahr alte Adlige jedoch nicht getrieben - es blieb bei Beleidigungen und einer Bedrohung. Immerhin.

Die Verhandlung beginnt stürmisch: Matthias Graf von K., ein eloquenter Mann im eleganten Tweed-Sakko, will recht forsch wissen, warum er keine Chance erhalten habe, fristgerecht auf die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu reagieren. Er möge zur Sache sprechen oder schweigen, befindet das Gericht. Die Fronten sind verhärtet - und der Graf schüttelt den Kopf.

Dann erzählt er, wie er in jene Krise geriet, die sein ganzes Leben auf den Kopf stellte. Er hatte ein Grundstück in Nettelnburg erworben, den Kauf absichern sollte ein Darlehen bei Gunnar T., dem Generalbevollmächtigten der Grundstückseigentümerin. Als er die Raten nach dem finanziellen Kollaps seiner Immobilienfirma nicht mehr bedienen konnte, habe Gunnar T. das Grundstück zurückgefordert. Dann verließen ihn auch noch Frau und Tochter. Inzwischen lebt der Graf von Hartz IV. Er habe Trost im Alkohol gesucht, täglich bis zu fünf Flaschen "besten spanischen Rotweins" geleert. Gunnar T. indes habe gedroht, er werde ihn ruinieren. Im Rausch sei er "ungehalten" geworden.

Laut Anklage hinterließ er auf dem Anrufbeantworter des von Gunnar T. beauftragten Notars, "es werde höchste Zeit, dass die Zahnleisten und Kiefer gewisser Schwarzenbeker Notare eingeschlagen werden". Gunnar T. habe er als "Oberfeigling" beschimpft, der "nicht satisfaktionsfähig" sei, überdies würde er ihn erschießen. "Bei mir sind alle Sicherungen durchgebrannt", sagt der Graf. "Ich habe Mist gebaut."

Nicht das erste Mal - wegen Beleidigungen eines Anwalts und eines Arge-Mitarbeiters war er bereits zweimal verurteilt worden. Als die Staatsanwältin 640 Euro Geldstrafe fordert, ergreift den Graf gleich der Furor. "Das ist mein wirtschaftliches Aus, da kann ich gleich wieder Wein kaufen", schäumt er. Dabei gingen die beantragten 80 Tagessätze nicht ins polizeiliche Führungszeugnis ein, beruhigt die Staatsanwältin. Das ist dem 57-Jährigen wichtig, der beruflich von vorn beginnen möchte. Die Richterin folgt dem Antrag. "Es gibt Urteile, keine Gerechtigkeit", murmelt er. Das letzte Wort hat der Graf.