Teile der Gewässer sollen renaturiert werden. Eine EU-Richtlinie sieht dies vor. Doch bei den Anwohnern stoßen die Pläne auf Widerstand

Barmbek-Nord. Der Bezirk Nord plant, Teile der Flüsse Seebek, Osterbek und des Osterbekkanals zu renaturieren. Dieses Projekt soll im Rahmen der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie realisiert werden. "Alle Bezirke wurden dazu aufgefordert, verschiedene Pläne zu entwickeln", sagt Bezirksamtsleiter Wolfgang Kopitzsch. "Unsere Vorschläge für Seebek und Osterbek folgen diesen Vorgaben der EU-Richtlinie."

Beim Renaturieren sollen die Gewässer wieder naturnaher gestaltet, das nicht begradigte Flussbett wiederhergestellt werden. So entsteht eine geringere Strömungsgeschwindigkeit, die Überschwemmungsgefahr wird reduziert. Gleichzeitig sollen aber auch bessere Bedingungen für Fische, Amphibien und andere Wassertiere erreicht werden, sodass sich die ursprünglichen Tier- und Pflanzenarten wieder ansiedeln können.

Die Anwohner sind besorgt wegen der Pläne. Und so hängen am Osterbekkanal bereits erste Protestbriefe. "Unglaublich, aber wahr. Der Kanal soll zugeschüttet werden", heißt es dort. Und weiter: "Jetzt will man uns neben dem Ausbau der Güterbahn und dem immer höher werdenden Verkehrsaufkommen der Krausestraße auch noch die letzte Attraktivität unserer Wohngegend nehmen, die direkte Lage am Kanal."

"Wir verstehen derartige Pläne einfach nicht", sagt eine Anwohnerin dem Abendblatt. "Hier herrscht doch bereits Natur pur." Unzählige Vögel würden hier leben und nisten. "Sogar Graureiher gibt es." Sie und ihre Nachbarn genießen die Idylle. "Das ist ein wunderbarer Gegensatz zu der lauten Straße." Die Bewohner haben zudem Angst, dass die Immobilienpreise unter der Renaturierung leiden könnten. "Und wo bleiben denn die Wassersportler, die auf dem Stück des Osterbekkanals noch trainieren?"

Nach Angaben des Bezirksamts Nord sind die Planungen erst in den Anfängen. "Mit dem Projekt Osterbekkanal wurde erst vor Kurzem begonnen", sagt Amtsleiter Kopitzsch. "Erst einmal wird jetzt eine Machbarkeitsstudie erstellt, um die technische und finanzielle Durchführbarkeit abschätzen zu können." Die entsprechenden Vermessungen seien Anfang August durchgeführt worden. "Die Ergebnisse werden Mitte September vorliegen." Auch für Seebek und Osterbek liegen beim Bezirksamt noch keine vollständigen Planungen vor. "Alle Pläne werden jetzt dem bezirklichen Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Verbraucherschutz vorgestellt", sagt Kopitzsch.

Er ist von der Notwendigkeit der Renaturierung überzeugt. "Das ist für die Stadtteile auf jeden Fall ein Gewinn", sagt er. "Noch ist das ein Kunstkanal, nach der Renaturierung wird es mit Sicherheit schöner." Zudem betreffe es bisher nur kleine Abschnitte.

"Wir müssen in der Stadtplanung auch den Klimawandel mit berücksichtigen. Und die damit verbundenen Regenfälle und gegebenenfalls Überflutungen", so Kopitzsch weiter. "Deshalb ist es wichtig, dass alle noch so kleinen Läufe genau untersucht und gegebenenfalls umweltgerechtere Strukturen wiederhergestellt werden", so der Bezirksamtschef.

Auch beim Naturschutzbund (Nabu) wirbt man für die Pläne an Seebek und Osterbek: "Bisher haben wir die städtischen kleinen Gewässer vernachlässigt. Sie wurden als Abwasserkanäle benutzt, nicht als Biotope gesehen", sagt Christian Gerbich vom Nabu. "Das wollen wir ändern. Und das nicht nur, damit sich mehr Tiere hier ansiedeln, sondern auch damit diese Flächen für die Naherholung attraktiver werden." Das Ziel sei immer, eine für alle akzeptable Lösung zu finden. "Nutzung und Naturschutz müssen in einer Stadt zusammengehen."