Die Vielfalt in der Bevölkerung ist eine Chance und unsere Stärke, betont der Sozialsenator und meint, wir werden die Integration schaffen, wenn wir sie wirklich wollen

Es gibt in Deutschland Probleme bei der Integration von Zuwanderern. Wer das abstreiten wollte, würde die Augen vor einer wichtigen Aufgabe verschließen, die unsere Gesellschaft zu bewältigen hat.

Doch diese Aufgabe lösen wir nicht mit populistischen Äußerungen und markigen Thesen. Desintegration und (Bildungs-)Armut werden wir nur überwinden, wenn wir sie differenziert benennen und differenziert angehen.

So können wir zum Beispiel nicht allein diejenigen für schlechte Integration verantwortlich machen, die in einer Zeit nach Deutschland gekommen sind, in der die Eingliederung unserer Gesellschaft nicht so wichtig war.

Denn eine Hälfte der Bevölkerung glaubte lange, die Multikulti-Gesellschaft werde es schon richten. Die andere Hälfte glaubte, die Integration der Zuwanderer sei nicht notwendig, die Gastarbeiter würden am Ende ohnehin in ihre Herkunftsländer zurückgehen. Wozu sie vorher in die Mitte nehmen? Hier hat es Versäumnisse gegeben. Man hat sich nicht stark genug bemüht, die Menschen, die zu uns gekommen sind, gezielt zu fördern. Man hat versäumt, die gesellschaftliche Teilhabe für sie und mit ihnen zu organisieren und ihre Mitwirkung einzufordern.

Trotz dieser Versäumnisse haben viele ehemalige Gastarbeiter und Einwanderer es geschafft. Sie haben sich und ihren Familien etwas aufgebaut und sich ihren Platz in unserer Gesellschaft erobert. Die Erfolgsgeschichten einer solchen gelungenen Integration in Hamburg sind zahlreich. Sie finden sich in der Wirtschaft, in der Politik, in der Kultur und überall im Alltag.

Andere Menschen dagegen haben die deutsche Sprache nie richtig gelernt, haben sich in Deutschland nie wirklich eingefunden und eingewöhnt. Das ist ein Problem. Aber ist deshalb ihre Herkunft die Ursache? Nein!

Schwierig sind vielmehr Milieus, in denen Mut- und Perspektivlosigkeit an der Tagesordnung sind und in denen Kinder nicht gefördert werden - unabhängig von der Herkunft und der Staatsbürgerschaft. Denn leider sehen wir oft dieselben Probleme auch in deutschen Familien, die in "verfestigter Armut" leben - manchmal über mehrere Generationen.

Gerade in Deutschland, in dem im Jahr weniger Kinder geboren werden als Menschen sterben, werden sich der demografische Wandel und die damit verbundenen Veränderungen besonders stark auswirken. Wir müssen die Lebenschancen eines jeden fördern, ob seine Wurzeln nun in Deutschland oder in einem anderen Land dieser Welt liegen. Wir können es uns nicht leisten, das Potenzial dieser Kinder und Jugendlichen brach liegen zu lassen. Deshalb sage ich eines ganz deutlich: Hier ist niemand zu viel oder überflüssig.

Gerade in Hamburg hat kulturelle Vielfalt seit Jahrhunderten Tradition und hat Hamburg stark gemacht. Als Stadt am Hafen waren wir immer weltoffen und haben Menschen unterschiedlicher Herkunft angezogen. Aktuell leben hier knapp 250 000 Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die aus etwa 180 unterschiedlichen Nationen stammen. Zudem hat jeder vierte Hamburger einen Migrationshintergrund.

Diese Vielfalt ist Chance und Stärke - sowohl für die wachsende Stadt als auch in der Arbeitswelt.

Diese Chance verpasst die Gesellschaft, wenn sie rückwärtsgewandt lamentiert oder in der Zukunft nur Bedrohung und Schlechtes sieht. Anpacken und die Zukunft positiv gestalten, das verbindet den Senat mit vielen gutwilligen Menschen in der Stadt.

2005 haben wir ein umfassendes Handlungskonzept zur Integration im Senat erarbeitet, das Stück für Stück umgesetzt und weiterentwickelt wird. Das Ziel: eine vollständige Integration von Zuwanderern im Sozialen, im Kulturellen, im Politischen, in der Mitwirkung und in der Teilhabe an der Gesellschaft zu fördern. Mit eingeschlossen sind alle Bereiche des Lebens, angefangen bei der Sprachförderung in Kitas bis zur Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen.

Auch die Wirtschaft erkennt immer deutlicher, welcher Gewinn von Mitarbeitern unterschiedlicher Herkunft ausgeht. Anders ist der Fachkräftemangel gar nicht zu bewältigen. In der Hamburger Verwaltung wurde der Anteil der Auszubildenden mit Migrationshintergrund zudem beinahe verdoppelt. Damit erwachsen für diese jungen Menschen und für ganz Hamburg neue Chancen. Viel wichtiger als ihre Herkunft sind für die Stadt nämlich Menschen, die aufsteigen wollen, die daran glauben, dass sie etwas erreichen und etwas verändern können.

Jeder Mensch hat eine persönliche Würde unabhängig von seiner Herkunft, Rasse und seinem Geschlecht. Das ist meine persönliche Überzeugung und die Grundlage des christlichen Menschenbildes der Union. Wenn es die Menschheit geschafft hat, auf den Mond zu fliegen, werden wir es auch schaffen, Menschen zu integrieren. Aber: Wir müssen es wollen!