Ein Kommentar von Annette Stiekele

Das Internationale Sommerfestival Hamburg strahlt mit seinen hochkarätigen Utopien heller denn je auf der internationalen Festivallandkarte. Das künstlerische Programm, das Matthias von Hartz und sein Team im dritten Jahr auf die Beine gestellt haben, überzeugte mit der Elite internationaler Festivalnomaden genauso wie mit Eigenproduktionen und Überraschungen. Die Besucher haben nicht nur drei Wochen lang schöne Kunst rezipiert, sondern erfahren, dass sie auch mithüpfen, mitradeln, mitsingen, ja mitgestalten können. Das kommt an, reißt mit und ist einzigartig in der Festivallandschaft.

Längst gilt auch die Verbindung von politischer Theorie und Kunsterlebnis als sexy. Einen ähnlich politischen Schwerpunkt verfolgt der Steirische Herbst in Graz. Ebenfalls sehr erfolgreich. Allerdings hat er mit 3,5 Millionen Euro gegenüber der knappen Million Euro des Sommerfestivals (die fixen Kampnagelkosten eingerechnet) ein ungleich höheres Budget zur Verfügung. Mit seinen Räumlichkeiten und seinem Gestaltungsspielraum ist das Internationale Sommerfestival an der Grenze angelangt. Für eine stetig wachsende internationale Erfolgsmarke, die dem Selbstverständnis des freien Theaters im Vergleich zum Stadttheater entspricht, ist das ein Hemmnis. Es ist jetzt Aufgabe der Kulturpolitik, diese Signale zu erkennen und zu handeln. Sonst sieht Hamburg bald erneut die Rücklichter eines erfolgreichen Kulturschaffenden.