Eine Glosse von Iris Hellmuth.

Vor wenigen Tagen haben wir Ihnen, liebe Leser, an dieser Stelle vom Zauber der Schlangen vor Museen vorgeschwärmt, von ihrem unwiderstehlichen Sog, ihrer liebreizenden Anmut. Doch gestern trug sich etwas zu, das uns den Schrecken in die Glieder fahren ließ: Eine renommierte Nachrichtenagentur meldete gegen 14.21 Uhr, Radfahrer im niederbayerischen Winhöring hätten eine 1,75 Meter lange Schlange am Rande des Radwegs entdeckt, eine Anakonda - steht unter Artenschutz. Die Radler fanden das allerdings gar nicht zauberhaft. Sie riefen die Polizei, die wiederum einen Schlangenexperten rief, so dass die Schlange beseitigt werden konnte. Man sperrte sie, so der Wortlaut der Meldung, "trotz heftiger Gegenwehr" in eine Kiste.

Was lernen wir daraus? Dass wir Schlangenexperten vom Feuilleton nun doch nicht die sind, für die wir uns hielten? Dass wir die Gefahren womöglich verkannt haben? Vielleicht würde uns so ein bayerischer Schlangenexperte auch ganz gut zu Gesicht stehen. Dann wüssten wir nämlich, wo demnächst die Schlangen in der Stadt sind, wüssten im voraus, welche Ausstellung ein Hit wird und welche ein Flop, so etwas wissen ja Experten; dann müssten wir vielleicht gar nicht mehr raus aus der Redaktion, ist auch besser so, am Rande der Radwege lauern ja lauter Gefahren.