Prof. Thomas Horky, 45, lehrt Sportjournalismus im Studiengang Journalistik an der Macromedia Hochschule Hamburg.

Hamburger Abendblatt:

1. Das "Aktuelle Sportstudio" wird ab 11. September erst um 23 Uhr ausgestrahlt. Ist diese Entscheidung nachvollziehbar?

Prof. Thomas Horky:

Das ZDF verspricht sich offiziell mehr Verlässlichkeit, da bislang der Beginn zwischen 22:15, 22:45 oder 23:00 Uhr wechselte. Jetzt ist am 11. September um 21:45 Uhr eine Folge der Krimi-Reihe "Siska", dann "Heute-Journal", dann erst das "Sportstudio" zu sehen. Die Entscheidung ist ein großer strategischer Fehler. Bei der "Siska"-Folge von 2002 werden viele Zuschauer um- oder abstellen. Sie kommen in der Regel nicht zurück. Das "Aktuelle Sportstudio" wird Zuschauer verlieren, das ist sicher.

2. Das ZDF hat 2004 schon mal den Sendebeginn verschoben, sogar den Zusatz "Aktuelles" gestrichen. Wie waren die Konsequenzen?

So negativ, dass die Entscheidung revidiert wurde. Damals wurden die Sendungen zum Teil sogar aufgezeichnet. Umso erstaunlicher, dass das ZDF wieder den falschen Weg einschlägt. Das Zweite vergibt damit eine große Chance. Schließlich ist in dieser Saison die Zusammenfassung des 18.30-Uhr-Topspiels am Sonnabend exklusiv im "Sportstudio". Die Bundesliga bindet junge Zuschauer. Diese Klientel, die für einen Sender mit eher älterem Publikum so wichtig ist, setzt das ZDF leichtfertig aufs Spiel. Das wird den Sponsoren des "Sportstudios" kaum gefallen. Eine Aktion wie "Deutschland bewegt sich" macht dann noch weniger Sinn. Wer bewegt sich kurz vor Mitternacht?

3. Bislang kam es durch Überziehungen von Shows wie "Wetten dass..?" oder "Carmen Nebel" regelmäßig zu einem späteren Sendebeginn des "Sportstudios". Ist das künftig auszuschließen?

Eben nicht. Auch künftig kann es passieren, dass das "Sportstudio" erst nach 23 Uhr beginnt. Der Sonnabend ist der denkbar ungünstigste Tag für eine feste Programmierung.

4. Gibt es denn auch Gewinner des neuen Sendeschemas im ZDF?

Beim Pay-TV-Sender "Sky" dürfte die Nachricht für Begeisterung gesorgt haben. Denn jetzt wird der Anreiz größer, ein Abo für Live-Spiele abzuschließen. Schließlich kann es bis zu fünf Stunden nach Anpfiff des Top-Spiels dauern, bis erste Bilder im Free-TV zu sehen sind. Die Zeit für das Programmsponsoring, Anmoderation und Klatsch-Rituale muss man ja auch noch einrechnen.

5. Wie sehen Sie die Zukunft des Bundesliga-Fußballs bei den Öffentlich-Rechtlichen?

Die Entscheidung des ZDF bedeutet eine weitere Zersplitterung des TV-Fußball-Konsums bei den Öffentlich-Rechtlichen. In England sind manche Spiele ja jetzt schon erst am nächsten Tag in einer Zusammenfassung zu sehen, um die Rechte des Pay-TVs zu schützen. Diesen Trend wird es auch in Deutschland geben.