Gerd Landsberg, 57, ehemaliger Richter, ist Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds.

1. Hamburger Abendblatt:

Kann ein freiwilliger Zivildienst die Lücke schließen, wenn Wehrpflicht und Ersatzdienst ausgesetzt werden?

Gerd Landsberg:

Nein, ein freiwilliger Dienst kann das nicht. Wir haben im Moment etwa 90 000 Zivildienstleistende. Ein freiwilliger Dienst hätte, selbst wenn es gut läuft, ein Potenzial von 35 000 Stellen, wie selbst die Bundesfamilienministerin Schröder sagt.

2. Warum plädieren Sie für einen verpflichtenden Sozialdienst für junge Frauen und Männer?

Darüber sollte man zumindest nachdenken, denn eine alternde Gesellschaft braucht mehr solcher Dienstleistungen. Das könnte man auch flexibel gestalten. So könnte angerechnet werden, wenn jemand seine kranke Mutter oder den kranken Vater pflegt.

3. Wie könnte ein solcher sozialer Pflichtdienst denn generell aussehen?

Da sollte man überlegen, ob nicht jeder zwischen 20 und 30 Jahren, egal ob Frau oder Mann, eine bestimmte Zeit für die Gemeinschaft arbeitet. Ich bin mir wohl bewusst, dass dies politisch kaum umsetzbar ist. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es in der Regel darum geht, was der Staat noch für den Einzelnen tun kann, und nicht umgekehrt, was ich für den Staat tun kann.

4. Was hätten denn Städte und Gemeinden von einem solchen Pflichtdienst?

Die Zivildienstleistenden sind sehr wichtig bei Hilfsangeboten für alte Menschen, etwa in Pflegeheimen oder bei der Betreuung von schwer- und schwerstbehinderten Kindern. Wie das ersetzt werden soll, ist völlig unklar.

5. Sind denn die Kommunen überhaupt in der Lage, solche Dienste zu finanzieren?

Sicher nicht. Wenn der Zivildienst wegfällt, müsste das der Bund ausfüllen. Es wird auch finanzielle Anreize geben müssen. Der Dienst für Freiwillige muss mindestens so gut bezahlt werden wie jemand, der ein Jahr zur Bundeswehr geht. Auch eine soziale Anerkennung ist denkbar, etwa mit Vorteilen bei der Vergabe von Studienplätzen wie Medizin. Soziale Kompetenz ist eine Qualifikation, die zudem im späteren Leben nützt.