Elmar Müller, 67, ist Vorstand des Verbands für Post und Telekommunikation, der Interessen der Postbenutzer vertritt.

Abendblatt:

1. Die Deutsche Post plant offenbar weitere Auslagerungen. Wem bringt dies Vorteile?

Elmar Müller:

Eigentlich nur der Deutschen Post, die damit ihre Kosten senken kann. Für die Kunden sind keine Verbesserungen zu erwarten. Schon heute ist in vielen Regionen festzustellen, dass die Zeit der Zusteller zunehmend knapper bemessen ist. Viele Verbraucher erhalten immer öfter Benachrichtigungen zur Abholung ihrer Sendungen. Diese müssen sie sich dann umständlich in Postfilialen oder an Paketstationen abholen. Früher wurden mehrere Versuche unternommen, um Pakete persönlich zuzustellen. Doch diese Zeit ist vorbei. Die Konkurrenz agiert hier in der Regel sogar noch kundenfreundlicher und unternimmt bis zu drei Zustellversuche.

2. Verschlechtert sich der Service durch die Fremdvergabe von Paket-Dienstleistungen?

Insbesondere der persönliche Kundenkontakt zwischen Paketboten und Kunden wird abnehmen. Fremdfirmen haben eine deutlich höhere Fluktuation beim Personal, sodass künftig nur noch wenige einen festen Zusteller haben werden, der sie regelmäßig über Jahre beliefert. Die Post hat offenbar auch kein Interesse, dass sich diese persönlichen Kundenbeziehungen vertiefen.

3. Wie wirkt sich Outsourcing mittelfristig auf die Bezahlung der Mitarbeiter aus?

Aus dem Filialbereich wissen wir, dass Mitarbeiter, die in ausgelagerten Postfilialen beschäftigt sind, oft nur noch nach den Tarifen des Einzelhandels bezahlt werden, die deutlich unter den bisherigen Posttarifen liegen. Ähnliches ist bei der Auslagerung der Paketzustellung zu erwarten. Schon in der Vergangenheit gingen Rationalisierungen bei der Post oft zulasten der Mitarbeiter.

4. Besteht im Briefbereich bereits ein kundenfreundlicher, zufriedenstellender Wettbewerb?

Überregional ist das Angebot im Briefsektor leider noch begrenzt und richtet sich vor allem an Geschäftskunden. In einigen Regionen entstehen aber auch für Privatkunden neue Anbieter mit Briefkästen - allerdings meistens nur für einen regional begrenzten Zustellraum. Mehr Konkurrenz in der Branche wäre - wie bereits im Paketsektor - wichtig, damit die Preise sinken, aber auch die Qualität besser wird. Firmen profitieren schon heute von Rabatten.

5. Wird der Brief aus Papier künftig verschwinden und durch elektronische Mails ersetzt?

Es wird noch einige Jahre dauern, bis sich digitale Briefe durchsetzen. Voraussetzung ist, dass die Verbraucher mitmachen. Bislang ist deren Interesse begrenzt, sie setzen vielmehr auf kostenlose Mails ohne persönliche Registrierung. Eine europäische Studie geht davon aus, dass 2030 geschätzt 40 bis 70 Prozent aller Briefe per Internet verschickt werden. So schnell verschwindet der traditionelle Brief also nicht.