Der Name klingt nach dem König der Tiere, doch Leo aus dem Tierpark Hagenbeck ist ein Löwenkopfkaninchen - aber mit echter Mähne.

Stellingen. Leo ist ein echter Hasenfuß. Zwar erinnert ihre Mähne an den König der Tiere, und auch ihr Name ist eine Reminiszenz an das große, stolze Raubtier. Doch wehe, eine Möhre fliegt beim Füttern einmal zu nah an ihr vorbei! Dann vermutet das Löwenkopfkaninchen wahrscheinlich einen Angriff des Gemüses und ist - schwups - mit einem großen Satz in seinem Haus verschwunden.

Wobei Haus dabei stark untertrieben ist. Die 14 Kaninchen in Hagenbecks Tierpark leben feudal: Eine eigene Dorflandschaft mit Bauernhäusern und Windmühle nennen sie ihr eigen. Im Nachbardorf bei den Meerschweinchen um die Ecke gab es deshalb 30 Jahre lang einen abenteuerlichen Streit. Dort hatten die Tierpfleger und Handwerker des Hamburger Tierparks eine zwei Meter hohe Kirche gezimmert. Doch das Gotteshaus musste für die Tiere geschlossen bleiben, weil ein Theologe "Gotteslästerung" witterte. 1999 lenkten Pastoren ein - und die Kirchentüren stehen den Nagetieren seitdem weit offen.

Leo hat das alles nicht mitbekommen, auch wenn Kaninchen bis zu elf Jahre alt oder sogar älter werden können. "Aber sie stammt erst aus dem Wurf vom letzten Jahr", sagt Tierpflegerin Ina Gooßen. Alle Löwenkopfkaninchen bei Hagenbeck sind aus der eigenen Nachzucht, und damit es nicht unkontrollierbar viele werden, ist immer nur ein Mann - Bock, wie es bei den Kaninchen heißt - mit auf der Anlage. "Sonst gäbe es auch eine gewaltige Keilerei", sagt Gooßen und lacht. So aber liegen die Tiere auch schon einmal friedlich zusammen.

Dabei sind sie nicht wirklich sozial, erzählt ihre Tierpflegerin: "Meistens macht jeder sein Ding." Wer zur Gruppe gehört, erkennen die Zwergkaninchen am Geruch, und auch Reviere werden konsequent mit Urin- und Kotmarkierungen abgegrenzt. Gooßen: "Nicht nur deshalb geht es Kaninchen, die von Besuchern bei uns im Kaninchendorf ausgesetzt werden, meistens schlecht." Sie beziehen als Fremde Prügel, schleppen vielleicht noch Krankheiten ein und sind deshalb keineswegs im Tierpark erwünscht.

Löwenkopfkaninchen zeichnen sich durch ihre Mähne und Stehohren aus

Löwenkopfkaninchen, eine Zwergkaninchenrasse, werden erst seit wenigen Jahren gezüchtet und sind vom Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter nicht anerkannt. Das stört im Tierpark niemanden: Mit ihrer langen Mähne, die bei Leo beigefarben mit dunklen Sprenkeln ist, den kurzen Stehohren und dem gedrungenen Kopf sind sie absolute Besucherlieblinge. Ursprünglich stammen sie von den Wildkaninchen ab, die von der Iberischen Halbinsel stammen. Wo der Name Kaninchen genau herrührt, ist umstritten: Allgemein wird aber angenommen, dass er von cuniculus abstammt - dem lateinischen Wort für Tunnel. Ist doch der Drang der Tiere, Tunnel und unterirdische Bauten anzulegen, eine ihrer hervorstechenden Eigenschaften.

Bei Hagenbeck haben sie dafür die Häuser. Erstaunlicherweise findet man an ihnen keine Fraßspuren der ansonsten fleißigen Nager. "Die Wände sind zu glatt zum Anknabbern", verrät Ina Gooßen. "Und wir füttern ihnen genug, an dem sie sich austoben können." Karotten, Äpfel, Rote Bete und spezielle Pellets gibt es abends. Gefüttert wird in den Häusern - ein Anreiz für die Tiere, nachts unter dem Schutz der Dächer zu verbringen. Gooßen: "Wir schließen sie auch bewusst ein, zum eigenen Schutz vor Füchsen und Greifvögeln."

Nicht alle machen es den Pflegern dabei leicht: Während Leo zu denen gehört, die die Prozedur schon gut gelernt haben und freiwillig zum Essen nach Hause kommen, müssen einige andere Kaninchen mit lautem Schlüsselklappern durch das Gehege gescheucht werden. Gooßen: "Und auch wenn einige zahmer sind als die anderen: Anfassen finden die meisten doof."

Die Zäune um die Gehege sind nicht nur ausbruch-, sondern auch einbruchsicher

Besuch von wilden Kaninchen haben Hagenbecks Zwergkaninchen übrigens nicht zu fürchten: Die Zäune der Gehege, wie auch des gesamten Tierparks sind nicht nur deshalb tief in den Boden versenkt, um den Ausbruch von buddelfreudigen Tieren zu verhindern - sondern auch den Einbruch anderer. "Das ist gut so", sagt Gooßen, "denn die Wildkaninchen könnten unsere Tiere mit Krankheiten anstecken." Zum Beispiel mit Myxomatose, einer durch Pockenerreger ausgelösten Erkrankung.

So sind es Zahnfehlstellungen oder zu lange Krallen, um die sich Tierpfleger und Ärzte bei Hagenbeck kümmern müssen. Meistens sagen die Patienten dabei keinen Ton, denn sie sind generell sehr leise. Auf den Busch zu klopfen - nicht Leos Sache.

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