Maja Halver bietet mit ihrer neuen Firma einen Rundumservice für Lokomotiven an. Das Unternehmen im Hafen stößt in eine Marktlücke.

Hamburg. Das Werkzeug ihres Vaters, eines Pastors, hatte sie schon als Kind immer um sich. Später folgten gute Noten in den Naturwissenschaften und schließlich, nach einer Ausbildung zur Maschinenschlosserin, ein Studium an der Technischen Universität Hamburg-Harburg . "Ich mag Technik", sagt Maja Halver schlicht über ihre Karriere, die jetzt eine neue Wendung nimmt. Die 45-jährige Maschinenbau-Ingenieurin hat sich selbstständig gemacht. Ihre Idee: die Reparatur von Diesellokomotiven, die ihre Mannschaft künftig bundesweit übernehmen soll.

Der Weg zu ihrer im April gegründeten Firma Ajax Loktechnik mit Sitz im Hafen scheint dabei seit 1999 fast wie auf Schienen geführt. Damals wechselte sie nach wenigen Jahren in der Medizintechnik und in der Forschung zur Deutschen Bahn. Dort konnte sie nicht nur ihre Kompetenz für die Instandhaltung von Lokomotiven und Waggons für Hamburg, Schleswig-Holstein und den Hamburger Hafen beweisen, sondern sich selbst später im Management als Leiterin der Bahnwerkstatt am Güterbahnhof Maschen und für das zentrale Dieselmotorenwerk in Bremen. Dass sie sich dabei als Frau und Vorgesetzte von Hunderten von Männern durchsetzen musste, spielt für sie eher eine Nebenrolle. "Mein Fachwissen und der offene Umgang mit den Beschäftigten waren entscheidend."

Doch trotz der Bilderbuchkarriere bei der Bahn suchte Halver 2008 eine neue Herausforderung. Tatsächlich wird sie angesprochen. Ob sie sich vorstellen könnte, zu Northrail, einem Vermieter für Diesellokomotiven zu wechseln. Die Ingenieurin, ohnehin stets rasch entschlossen, sagt Ja. Als Geschäftsführerin baut sie die Flotte der in Kiel ansässigen Firma bis Ende Mai auf 35 Lokomotiven aus. Entscheidend für ihren Weg in die Selbstständigkeit wird dabei eine Erfahrung, mit der sie zunächst gar nicht gerechnet hat. "Ich wollte die Instandhaltung für die Loks für Northrail von anderen Firmen einkaufen. Das ist mir nie zufriedenstellend gelungen."

Jetzt soll ihre neue Ajax Loktechnik diese Nische für sich nutzen. Eine vielversprechende Aufgabe, da ist Halver sicher. Denn in der Branche, zu der 350 Unternehmen zählen, gibt es das von ihr avisierte Komplettangebot bisher nicht. "Neben der Industrie und der Deutschen Bahn, die kaum flexibel und kostengünstig genug auf dringende Notrufe reagieren kann, gibt es Serviceangebote allenfalls noch von kleineren Verkehrsbetrieben, die aber nicht bundesweit am Markt sind", analysiert sie. Immer mehr Firmen sind dagegen jedoch mit ihren Loks in ganz Deutschland und grenzüberschreitend unterwegs.

Für sie hat Halver nun bereits eine Hotline eingerichtet, die künftig über sieben Tage jeweils 24 Stunden von Fachpersonal besetzt werden soll. Ausgehend von den Anfragen sollen künftig Servicetechniker in Zweier-Teams unterwegs sein, um Loks direkt vor Ort wieder flottzumachen. Ist mehr Aufwand notwendig, sollen sie so nah wie möglich an den Einsatzorten Werkstätten für ihre Arbeit anmieten.

"Wir wollen dazu Ersatzteile und Material bereitstellen und das Flottenmanagement einschließlich der festgelegten Kontrollen übernehmen", sagt Halver. So soll ein teurer Stillstand der Zugmaschinen gerade bei mittelständischen Unternehmen vermieden werden. "Diese Firmen", weiß die geschäftsführende Gesellschafterin aus Erfahrung, "verfügen für ihren Betrieb über keine Reserveloks." Überzeugt von dem Vorstoß der Hamburgerin sind auch die von den Hamburger Innungen und Kammern getragene Beteiligungsgesellschaft Hamburg, die mit einer sechsstelligen Summe eingestiegen ist, und die Bürgschaftsgemeinschaft, die Kredite absichert. Auch die Hamburger Sparkasse (Haspa) fand das Konzept überzeugend. "Bisher gibt es kaum Spezialisten für die Instandhaltung von Loks, die Nachfrage wird also einsetzen, und das Know-how bringt Maja Halver mit", sagt Inga Arentz, Firmenkundenberaterin bei der Haspa.

Neben Halver gibt es zudem zwei weitere Gesellschafter aus der Branche und eine Kooperation mit der Mgw Service in Kassel, die seit fünf JahrenE-Loks instandsetzt. Der Vorteil: Beide Firmen können Kunden einen Ansprechpartner bieten, der sich auf den jeweils anderen Lokomotiventyp spezialisiert hat.

"Schon heute stehen mir die Kunden auf den Füßen und fragen, wann ich mit der Arbeit beginnen kann", freut sich die neue Ajax-Chefin. Immerhin hat sie jetzt die ersten fünf Mitarbeiter gefunden. Dringend gesucht werden weitere sechs bis acht - vor allem mit langjähriger Erfahrung aus der Branche. "Sofort würde ich einen Meister für die Instandhaltung einstellen", sagt Halver. Außerdem sucht sie einen Einsatzleiter für die Hotline und dazu Servicetechniker für Loks und Waggons. Denn die Wartung und Instandhaltung der Wagen soll im Hamburger Hafen zusätzlich übernommen werden. Bereits für 2011 rechnet die Chefin mit einem Umsatz von 1,5 Millionen Euro.

Geplant ist, die eigene Belegschaft künftig auch durch die Ausbildung von Mechatronikern für Nutzfahrzeuge aufzustocken oder sogar den alle acht Jahre fälligen Lok-TÜV zu übernehmen. "Dafür brauchen wir aber eine eigene Werkstatt", weiß Halver. In ihr wäre sogar Platz für Lokomotiven der Bahn. Klar ist: Maja Halver wird bei ihren Kunden auf vertraute Gesichter treffen. Denn die deutsche Bahnbranche gilt als überschaubar. Man kennt sich.