Thomas Puls, 36, ist Verkehrsexperte im Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Hamburger Abendblatt:

1. Der Ausbau des Schienennetzes bis 2020 soll zusammengestrichen werden. Was halten Sie davon?

Thomas Puls:

Sparen ist hier der völlig falsche Weg. Für die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland wird seit Jahrzehnten zu wenig Geld ausgegeben, sie ist chronisch unterfinanziert. Egal, ob auf der Schiene oder auf der Straße - wir fahren auf Verschleiß. Die Qualität der Verkehrswege verschlechtert sich zusehends. Der Verkehr ist für unsere Industrie- und Exportnation aber ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Wenn sich das Verkehrssystem nicht mehr in die internationalen Logistikketten einbinden lässt, gefährdet dies den Standort.

2. Wie wichtig ist die Eisenbahn für den Warentransport in Deutschland?

Die Bahn ist ein sehr wichtiger Faktor. Zwar werden bisher nur neun Prozent der gesamten Tonnage über die Schienenwege transportiert. Dazu zählen Güter, die man auf der Straße nicht gerne sieht, wie Kohle, Stahl, Eisenerz oder Autos. Die Bahn erledigt aber gerade im Seehafen-Hinterland wichtige Zubringerdienste von und zu den Exporthäfen. Hier wird ein Verkehrsleistungswachstum bis 2025 um 168 Prozent erwartet. Der Schienenausbau bei Hamburg ist essenziell wichtig.

3. Vergleicht man die Transportmittel - welches ist das umweltfreundlichste?

Das Binnenschiff ist tendenziell im Güterverkehr das umweltfreundlichste und im Personenverkehr der Omnibus. Die Bahn ist klar im Vorteil, wenn sie große Mengen schwerer Güter über lange Strecken transportiert. Die europäische Vernetzung des Schienenverkehrs spielt eine Schlüsselrolle.

4. Welches wäre aus Ihrer Sicht mittelfristig der beste Verkehrsmix?

Die Funktionalität und Effektivität des Verkehrsnetzes muss im Vordergrund stehen. Lastwagen dominieren heute die Verkehre, da sie auf Strecken unter 200 Kilometern nicht ersetzbar sind - und dies wird auch in Zukunft so bleiben. Die Bahn sollte aber ihren heutigen Marktanteil behalten und ihn auf längeren Strecken noch ausbauen. Ansonsten werden wir auf den Autobahnen einen ganz großen Stillstand erleben.

5. Was halten Sie von einer Auslagerung der Infrastruktur in Privathand?

Es ist eine Alternative, da die heutige Form der Haushaltsfinanzierung gescheitert ist, weil politische und ökonomische Ansprüche nicht mehr zusammenpassen. Ein Zukunftsmodell könnte ein Konzessionsträger wie die Asfinag in Österreich sein oder eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung wie im Schienenverkehr. Eine Ergänzung können auch Investorenmodelle sein, wie sie auf der A 1 zwischen Hamburg und Bremen bestehen.