Abendblatt-Gerichtsreporterin Bettina Mittelacher schreibt über den kuriosesten und spannendsten Fall der Woche.

Finanzielle Sorgen scheinen ihr fremd zu sein. Eigenes Geldverdienen aber auch. Bei ihr sei "alles wie früher", erklärt Franziska S. "Ich führe den Haushalt meines Partners, und er zahlt alles für mich, solange ich brav bin." Doch ihre Bravheit hat durchaus Grenzen. Grenzen, die sich aus einer ungewöhnlichen Melange aus einem pelzbesetzten Skianzug, einem Modegeschäft auf Sylt und Klaus Störtebeker speisen, versetzt mit einem Schuss Kreativität und fatalen Zufällen. Und nicht zuletzt einer Prise Unklugheit. Denn im Nachhinein, formuliert Franziska S. in schonungsloser Selbsterkenntnis, finde sie "das alles so dämlich, auch von mir". Die Staatsanwaltschaft nennt die Aktion der 47-Jährigen, bei der sie am Computer eine fingierte Kaufquittung bastelte, indes schlicht strafbar und erhob Anklage wegen Urkundenfälschung.

Jetzt stolziert die makellos schlanke Hamburgerin in ihren Prozess vor dem Amtsgericht, die Löwenmähne gestylt wie frisch vom Frisör, das Make-up perfekt, die enge Jeans wie auf den Körper genäht. Nur die Stimme, ein eiliges Flüstern, passt nicht so recht zu diesem sorgsam inszeniert wirkenden Auftritt einer stilsicheren, selbstbewussten Dame. Eher schon zu einer Angeklagten, die weiß, dass sie einen törichten Fehler begangen hat. Und die eine Geschichte voller schicksalhafter Fügungen erzählt, angereichert mit hinreichend Zerknirschtheit und Selbstvorwürfen.

Alles habe damit angefangen, beginnt Franziska S. ihre Verteidigungsrede, dass eine Bekannte von ihr sich regelmäßig Sachen ausgeliehen habe, so auch im vergangenen Herbst besagten Skianzug. Vor der Rückgabe habe die Bekannte Jacke und Hose gewaschen. "Das war schiefgegangen, die Jacke hatte sich verfärbt, sie sah aus wie gebatikt", schildert die Angeklagte. Also habe sie sich mit Christa K. darauf geeinigt, dass diese einen finanziellen Beitrag für einen neuen Skianzug leistet. Doch als sie der 45-Jährigen gesagt habe, dass jenes Kleidungsstück 899 Euro gekostet habe, sei die Bekannte schockiert gewesen. Doch das pelzbesetzte gute Stück, erstanden seinerzeit in einer Boutique in Westerland auf Sylt, sei tatsächlich so teuer gewesen, beteuert Franziska S. Nur eine Quittung habe sie nicht finden können.

Doch der Zufall wollte es, dass ihre Tochter just zu jener Zeit für eine Hausaufgabe am Computer ein fingiertes Tagebuch von Klaus Störtebeker erstellen sollte. Und während am Bildschirm die fiktiven Erinnerungen des legendären Seeräubers Gestalt annahmen, reifte damit ihr Gedanke: "Das kann ich auch." Also entwarf sie eine Rechnung am Computer, angeblich ausgestellt von dem Sylter Modeladen. Diese gefälschte Quittung habe sie zunächst auf einen Stapel anderer Papiere in ihrer Wohnung gelegt. Ein Bekannter, unter anderem zuständig für die Büroangelegenheiten ihres Lebensgefährten und zugleich mit den Querelen um den Skianzug vertraut, habe die Quittung dann guten Glaubens an ihre Bekannte weitergereicht.

Vielleicht wäre der Schwindel mit der falschen Rechnung niemals aufgeflogen, wenn die Bekannte die 899 Euro nicht bei ihrer Versicherung hätte geltend machen wollen. Doch die verweigerte die Regulierung des Schadens. Ein Mitarbeiter riet ihr aber, sich wegen der offenbar mangelhaften Ware an das Modehaus auf Sylt zu wenden. Als Christa K. sich dort erkundigte, teilte man ihr mit, dass das Geschäft nicht nur jenes pelzbesetzte Kleidungsstück nicht verkauft habe, sondern dass es keinerlei Skianzüge führe. Das Geschäft erstattete sofort Anzeige wegen Urkundenfälschung.

Sie habe wirklich damals geglaubt, den Anzug dort gekauft zu haben, versichert die Angeklagte jetzt. Dann habe sie gemeint, es sei ein anderes Geschäft gewesen. Doch auch das führte keine Skianzüge. "Nun ist auf Sylt die Nachfrage nach Skianzügen offenbar nicht so groß", kommentiert der Amtsrichter trocken. Heute sei sie aber sicher, beeilt sich Franziska S. zu erklären, dass es ein dritter Laden gewesen sei. "Ich erinnere mich noch genau, wie ich dort mit dieser Tüte herumlief."

Doch selbst wenn die Ware wirklich aus dem Geschäft gewesen wäre, klärt der Amtsrichter Franziska S. auf, "dürfen Sie trotzdem die Quittung nicht einfach am Computer basteln. Das ist die Herstellung einer falschen Urkunde." Das habe sie nicht gewusst, antwortet die 47-Jährige kleinlaut. "Nun ist es aber so, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt", belehrt der Richter weiter. Allerdings habe er den Eindruck, "dass wir auch ohne eine Verurteilung die Einsicht erzeugen konnten, dass das falsch war".

Und so stellt er letztlich das Verfahren gegen Franziska S. mit der Auflage ein, dass sie 400 Euro "als Denkzettel" zahlen muss. Das könne sie gut schaffen, verkündet die Angeklagte, und wiederholt, dass ihr Partner "ja alles Notwendige für mich zahlt".

Vielleicht auch jetzt, da sie nicht ganz so brav war.