Seit sechs Jahren ist Jörn Menge Kopf von “Laut gegen Nazis“. Jetzt droht der Hamburger Kampagne das Aus, da die Spenden ausbleiben.

Stellingen. Jörn Menge wirkt gehetzt. So viel ist zu tun. Anfragen müssen beantwortet werden, es gibt einiges zu besprechen und zu organisieren. Der Grund für den Trubel: Die von ihm ins Leben gerufene Kampagne "Laut gegen Nazis" steht vor dem Aus. Seit Monaten bleiben die Spenden aus. "Langsam wird es eng", sagt Menge. Bis Oktober reicht das Geld bei der Agentur HeadUp Promotion, die "Laut gegen Nazis" organisiert. "Wenn bis dahin nichts reinkommt, müssen wir aufgeben." Schulden machen will er nicht.

Für Menge ist diese Situation "eine Katastrophe". Der 44-Jährige kämpft seit sechs Jahren für die Aktion. Organisiert Konzerte und Veranstaltungen - über 80 sind es bundesweit mittlerweile. Gleichzeitig unterstützt "Laut gegen Nazis " im ganzen Land Aktionen gegen Rechtsextremismus. "Wir helfen bei der Organisation von Veranstaltungen und Aktionen oder übernehmen deren Öffentlichkeitsarbeit." Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ist der Besuch von Schulen. "Wir informieren Kinder und Jugendliche über die Themen Rechtsextremismus, die deutsche Geschichte und diskutieren mit ihnen." Zudem unterstütze die Kampagne die Pressearbeit von "Exit Deutschland", dem Aussteigerprogramm für Rechtsextreme. "Wir müssen immer wieder auf unsere Geschichte aufmerksam machen und dagegen kämpfen, dass rechtsradikale Tendenzen sich verschärfen", sagt Menge. Dabei habe "Laut gegen Nazis" mittlerweile eine wichtige Rolle eingenommen. Nach Angaben von Menge diene die Kampagne als Informationsportal mit über 200.000 Zugriffen monatlich. Die Redaktionsseite mit der Adresse www.lautgegennazis.de/blog verfügt über 235.000 registrierte Leser.

Der Kampagnenleiter beschäftigt sich seit frühester Kindheit mit dem Rechtsextremismus. "Mein Großvater und Großonkel waren in der SS und bis zu ihrem Tode überzeugte Nazis ", so Menge. "Den Männern zuzuhören, war fürchterlich." Deshalb habe er sich früh in die Geschichte eingelesen. "Mein Vater und ich haben den Gegenpol zu den beiden gebildet." Wenn man Menge zuhört, wirkt es, als habe er das Bedürfnis, Wiedergutmachung zu leisten. Nein, sagt er. Das sei es nicht allein. "Unsere Pflicht ist ein verantwortungsvoller Umgang mit der Vergangenheit." Und das, ohne als Moralapostel aufzutreten. Gleichzeitig müsse aber das Wachsen einer rechtsextremen Szene verhindert werden. "Denn es gibt mehr Menschen mit dem Gedankengut, als wir denken."

Bei seiner Arbeit bekommt Menge prominente Unterstützung. Bands wie Die Fantastischen Vier, Silbermond, Sportfreunde Stiller oder Schauspieler Peter Lohmeyer engagieren sich für die Aktion. Gerade hat Smudo von Die Fantastischen Vier einen Spendenaufruf gestartet (Kontonr. 545 686 / BLZ 21060237 / EDG Kiel). "Es wäre eine Katastrophe, wenn eine Aktion, die sich so lange erfolgreich engagiert hat, plötzlich sterben sollte", sagt der Rapper.

Damit nicht genug. Für den 4. September ist eine Kundgebung auf dem Spielbudenplatz geplant. Motto der Veranstaltung: "Hamburg und alle stehen auf!" Mit dem Konzert soll eine Rettungsaktion für den Verein verbunden werden. Künstler werden auftreten, um Spenden zu sammeln. Schirmherr ist Justizsenator Till Steffen (GAL).

Aber Hilfsbekundungen und Spendenaufrufe reichen nicht aus. "Ich hoffe, dass bald Spenden eingehen", so Menge, der zusammen mit seinem Auszubildenden monatelang auf sein Gehalt verzichtet hat. "Wir schaffen das. Und dann werden wir die Verantwortung, die wir mit der Kampagne übernommen haben, weiter tragen."