Erkrankter Radstar scheitert vor dem Landgericht mit Klage gegen Dopingjäger Franke

Neustadt. Noch bevor das Gericht entschied, stellte Jan Ullrich klar, was ihn wirklich bewegte an diesem Freitag. Vor einigen Tagen sei bei ihm ein Burn-out-Syndrom diagnostiziert worden, das eine längere Behandlung erforderlich mache, teilte der gefallene Radstar auf seiner Homepage mit: "Um eine baldige Genesung zu ermöglichen, werde ich mich deswegen vollständig aus der Öffentlichkeit zurückziehen."

Dass Ullrich, 36, persönlich vor dem Landgericht Hamburg erscheinen würde, hatte ohnehin niemand erwartet. Denn wenige Minuten nach 10 Uhr sprach der Vorsitzende Richter Andreas Buske das Urteil aus, das seit der mündlichen Verhandlung Anfang Juli zu erwarten war: Ullrichs Klage gegen den Biologen Werner Franke werde abgewiesen. Dessen Äußerung in einem Fernsehinterview vom 3. August 2006, Ullrich habe dem spanischen Mediziner Eufemiano Fuentes 35 000 Euro für Dopingmittel bezahlt, sei "als wahr anzusehen" und verletze "den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht".

Die Kammer hob damit eine einstweilige Verfügung vom September 2006 auf, die Ullrich gegen Franke erstritten hatte. Sie war im Februar 2007 vom Hanseatischen Oberlandesgericht bestätigt worden. Wenige Tage später erklärte der frühere Tour-de-France-Sieger seinen Rücktritt vom Leistungssport. Zu schwer wogen schon damals Dopingvorwürfe, die zu Ullrichs Ausschluss vom Team T-Mobile und der Tour 2006 geführt hatten.

Ullrich weist sie bis heute zurück. Im Zuge des Verfahrens aber habe er Frankes Behauptung nicht mehr bestritten, vor vier Jahren 55 000 Euro an Fuentes gezahlt zu haben, "der als Gegenleistung jedenfalls Erythrozytenkonzentrat aus dem Blut des Klägers hergestellt habe", so das Gericht.

Für die Behörden ist offenbar längst erwiesen, dass Ullrich manipuliert hat. Ein DNA-Abgleich hat ergeben, dass Blutkonserven bei Fuentes in Madrid lagerten, die Überweisungen sollen hinlänglich dokumentiert sein. Ullrichs Vertrauter Rudy Pevenage hat kürzlich eingeräumt, die Reisen seines Schützlings zu Fuentes nach Madrid organisiert zu haben. Das reichlich spitzfindige Argument der Ullrich-Anwälte, bei Eigenblutkonserven könne nicht von Dopingmitteln im Sinne unerlaubter Substanzen gesprochen werden, sondern allenfalls von einer unerlaubten Methode, ließ das Gericht nicht gelten.

Mittelfristig könnte Ullrich der Urteilsspruch noch mehr kosten als Ansehen und Prozessgebühren. Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt seit mehr als einem Jahr wegen des Verdachts einer falschen eidesstattlichen Versicherung, in der Ullrich beteuert hat, keinen Kontakt zu Fuentes gehabt zu haben. Gegen die geplante Einstellung des Verfahrens hat Franke Einspruch eingelegt, wie er dem Abendblatt bestätigte: "Ich sah mich dazu gezwungen, nachdem es Ullrichs Partei abgelehnt hat, die Aussage zurückzuziehen." Das Strafgesetzbuch sieht für solche Fälle bis zu drei Jahre Haft vor.