Sorge um die Zukunftsfähigkeit der Polizei. Jantosch wehrt sich

Hamburg. Ein "Brandbrief" sorgt für Unruhe in der Polizei. Beamte mit gemeinsam "mehrhundertjähriger Berufserfahrung in allen polizeilichen Funktionsbereichen, Dienstgraden und Laufbahnen der Polizei Hamburg" haben sich damit anonym gemeldet. Sie werfen ihrem Präsidenten Werner Jantosch vor, den rund 10 000 Mitarbeiter umfassenden Sicherheitsapparat mit diktatorischen Tendenzen zu führen. Jantosch nannte die Äußerungen intern "diffamierend und respektlos."

Es führe in der Polizeiführung weder zu Nachdenklichkeit noch zu Einsicht oder Selbstkritik, wenn Gerichte Entscheidungen und Handlungen der Behördenleitung als verfassungswidrig bezeichneten, steht in dem Protestbrief, der mit dem Satz "In Sorge um die Polizei" überschrieben ist. Im Brief heißt es weiter, dass, wenn die "Behördenleitung sich mehr Gedanken über die Beschaffung von Pferden als über die Zukunftsfähigkeit der Polizei macht und nicht davor zurückschreckt, die Öffentlichkeit über die Kosten und die tatsächliche Nutzungsmöglichkeiten der Reiterstaffel zu täuschen, ... dann besteht Anlass zur Sorge um die Zukunftsfähigkeit der Polizei Hamburg, die Qualität der polizeilichen Arbeit und vor allem um die demokratische Werthaltung der Polizisten." Dass die Polizisten sich anonym zu Wort melden, begründen sie damit, dass "Kritiker in dieser Polizei ihre Verwendung verlieren, ausgegrenzt und persönlich diffamiert werden".

Die Polizeigewerkschaft GdP, in deren Umfeld Beamte die Autoren des Briefes vermuten, signalisierte Zustimmung: "Moderne Polizeiführung ist vor dem Hintergrund der hohen Anforderungen an die Polizei anders auszugestalten. Insbesondere in einer weltoffenen Stadt ist dies unumgänglich", reagierte der Landesvorsitzende Uwe Koßel auf einen Artikel in der "Morgenpost", an die der Brandbrief gerichtet war. Pikanterweise trägt die Reaktion auf den am Mittwoch erschienen Artikel das Datum von Dienstag.

André Schulz, Chef der Kripo-Gewerkschaft BdK, steht der heftigen Kritik der Kollegen skeptisch gegenüber. Schulz: "Über den Führungsstil mancher Vorgesetzter kann man streiten. Aber der Stil, in der die Kritik hier geäußert wurde, ist unter aller Würde." In Polizeikreisen heißt es, der Brief entstamme einem Kreis von SPD-nahen Beamten, die hofften, so Sand ins Senatsgetriebe streuen zu können. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung - mitten in den Gesprächen über die Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition - sei bewusst gewählt. Denn auch Noch-Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) wird attackiert. Innenbehördensprecher Ralf Kunz nennt den Brief eine "rein politische Klageschrift". Polizeipräsident Jantosch ließ seine Mitarbeiter wissen: "Ich wünsche mir, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei trotz dieser Äußerungen weiterhin Bestand haben wird."