Falk Lüke, 29, Referent für Verbraucherrechte in der digitalen Welt bei der Verbraucherzentrale (Bundesverband).

Hamburger Abendblatt

1. Greift Google Street View in unzulässiger Weise in die Privatsphäre der Bürger ein?

Falk Lüke

Ob unzulässig, darüber werden Juristen noch lange streiten. Unstrittig ist, dass hier Informationen öffentlich zugänglich gemacht werden - und dass Dinge wie Personen und Kennzeichen wirklich unkenntlich gemacht werden müssen.

2. Wieso kann Google ohne ausdrückliches Einverständnis der Betroffenen überhaupt Gebäude filmen und ins weltweite Netz stellen?

Jeder darf Fotos in der Öffentlichkeit machen. Dieses Recht nehmen auch solche Anbieter für sich in Anspruch. Das ist im Prinzip auch in Ordnung, aber natürlich nicht schrankenlos und ohne Sorgfaltspflichten - aber für die Gestaltung der Schranken müsste der Gesetzgeber klare Regeln formulieren.

3. Hat der einzelne Bürger genug Rechte und Möglichkeiten, seine Interessen gegen Internetkonzerne wie Google zu vertreten?

Das wäre schön. Faktisch ist es leider genau anders herum: Als Verbraucher stehen Sie im Regen. Hier muss die Politik dringend handeln, auf nationaler und europäischer Ebene, aber auch in Verhandlungen mit zum Beispiel den USA als Sitz vieler großer Internetkonzerne. Damit Firmen außerhalb der EU überhaupt Daten aus den Mitgliedsländern verarbeiten dürfen, müssen diese sich an das sogenannte Safe-Harbor-Abkommen halten. Leider ist dieses derzeit nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben ist. Statt große Sonntagsreden zur Privatsphäre zu halten, sollten die zuständigen Politiker hier ansetzen - damit ist allen besser geholfen.

4. Wäre es sinnvoll bzw. praktikabel, dass Google erst von allen Eigentümern ein Einverständnis zur Veröffentlichung einholt?

Ich würde ungern sehen, dass Google Daten des Einwohnermeldeamtes nutzt, um uns alle zu kontaktieren. Eine andere Möglichkeit gäbe es aber kaum. Insofern ist die Widerspruchslösung in diesem Fall nicht die schlechteste aller denkbaren Optionen. Aber um widersprechen zu können, muss ich wissen, dass und wie ich widersprechen kann. Wir bieten dazu eine Hilfe im Internet an ( www.surfer-haben-rechte.de ).

5. Was haben wir in Zukunft noch von Unternehmen zu erwarten, die aus gewerblichen Gründen persönliche Daten ins Internet stellen?

Nicht viel Gutes. Und allzu viele Bürger machen es ihnen viel zu leicht, indem sie den Firmen grundlos persönliche Daten anvertrauen, obwohl diese kein Vertrauen verdienen. Dem "Wall Street Journal" wurden kürzlich interne Dokumente von Google zugespielt, in denen Überlegungen zur Zukunft angestellt wurden. Das liest sich in Teilen wie ein Horrorszenario, so die Idee, Daten aus allen Google-Angeboten wie YouTube, GMail und der Suchfunktion zu verknüpfen und auszuwerten.