Der Islamwissenschaftler Udo Steinbach, 67, lehrt in Marburg und Hamburg.

Hamburger Abendblatt:

1. Welche Auswirkungen hat die Schließung der Taiba-Moschee für die islamistische Szene in Deutschland?

Udo Steinbach:

Sie hat allein den Effekt, dass sich die Dschihadisten in ihrer Grundeinstellung bestätigt fühlen werden: dass die deutschen Behörden gegen den Islam vorgehen, Moscheen schließen, ohne aus Sicht der Islamisten handfeste Beweise vorlegen zu können.

2. Die Aktion in Hamburg ist aus Ihrer Sicht also kein Erfolg im Kampf gegen den Terror?

Aus meiner Sicht bringen Verbote gar nichts. War die Szene über die Moschee und den Kulturverein gut zu beobachten, machen es die jetzt verhängten Verbote umso schwieriger, den Spuren der Dschihadisten zu folgen. Die Organisation selbst wird immer undurchsichtiger.

3. Trägt das Vorgehen der Innenbehörde denn nicht zur Aufklärung bei?

Insbesondere wenn sie die Schlagzeilen der Medien beherrschen, vertiefen solche Aktionen nur das Misstrauen zwischen den normalen Deutschen und den normalen Muslimen. Es gibt einen Mangel an Transparenz, viele Fragen werden nicht geklärt. Etwa warum der Kulturverein erst jetzt nach neun Jahren verboten wurde. Es wird über Razzien, über Ausweisungen berichtet. Doch dann verlaufen diese Sachen im Sand. Ohne Aufklärung wird dadurch Misstrauen geschöpft. Das alles trägt zur Verschlechterung des Klimas und der Kommunikation zwischen Muslimen und Nichtmuslimen bei.

4. Wie gefährlich ist die Institution Moschee denn in Deutschland generell?

Die Institution Moschee gibt es gar nicht, da es so viele unterschiedliche Gemeinden gibt. Grundsätzlich sind Moscheen nicht gefährlich, sie sind ein Ort der Zusammenkunft, schlimmstenfalls ein Ort schlechter Gedanken. Die Gefahr geht von den Tätern aus. Die aber brauchen keine Moscheen, sie können sich auch woanders treffen. Nur sind auch Dschihadisten Gewohnheitstiere, die wissen, dass sie in Moscheen Gesinnungsgenossen treffen können.

5. In Hamburg sind viele Moscheevereine im Rat der islamischen Gemeinschaften ("Schura"). Der Taiba-Verein war es nicht. Warum gehen die Islamgemeinden nicht stärker gegen Radikale vor? Sind sie zu passiv?

Ich denke nicht. Sie müssen das mit einer rechtsextremen Partei in Deutschland vergleichen, die ihre eigenen Treffen abhält, ihre Parolen hat, ihre Gesinnung im engen Kreis pflegt. Die bleiben ausschließlich unter sich. So auch die Dschihadisten. Austausch oder Kommunikation mit anderen muslimischen Gruppen findet fast nicht statt.