Dr. Knut Bergmann, 38, beschäftigt sich bei der “stiftung neue verantwortung“ mit zivilgesellschaftlichen Fragestellungen.

1. Hamburger Abendblatt:

40 US-Milliardäre spenden die Hälfte ihres Vermögens. Ist das ein Zeichen für große soziale Verantwortung?

Knut Bergmann:

Es ist ein Zeichen von richtig wahrgenommener Verantwortung. Anders als bei uns entreichern sich Stifter in den USA regelrecht. Sie stiften substanzielle Beträge ihres Vermögens. Der US-Investor Warren Buffet etwa hat angekündigt, sein Vermögen bis auf ein bis zwei Prozent sozial zu investieren. Natürlich kann da die Währung durchaus ein Schuss Eitelkeit sein, und einige wollen sich vielleicht ein Denkmal setzen. Aber wenn Stifter Gutes tun, haben sie ein Anrecht darauf, dass ihre persönlich-emotionalen Motive nicht voll hinterfragt werden.

2. Sollten sich deutsche Milliardäre ein Beispiel an den Amerikanern nehmen?

Absolut. Allerdings gibt es auch in Deutschland Stiftungen, die über ein unglaubliches Vermögen verfügen und die riesige Beträge für wohltätige Zwecke ausgeschüttet haben. Doch niemand kennt sie.

3. Bekommen Stifter in Deutschland genug Anerkennung oder wollen sie unerkannt bleiben?

Manchmal heißt es wirklich: Über Geld spricht man nicht. Ob das immer der richtige Weg ist, ist fraglich. Denn es geht natürlich auch das gute Beispiel verloren. Die Anerkennung bekommen die großen Spender, die öffentlich stiften. Und das meistens zu Recht. Aber für eine Milliardenerbin ist eine Stiftung über einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag wesentlich einfacher zu bewerkstelligen als für eine Sekretärin, die 500 Euro in eine Bürgerstiftung einbringt. Dort fehlt oft die Beachtung, das ist ein Ungleichgewicht.

4. Darf sich ein Staat auf die Spendenfreudigkeit verlassen oder ist eine Besteuerung großer Vermögen sinnvoller?

Der Staat darf sich nicht auf Stiftungen verlassen, denn sie sind eine herausragende Form bürgerschaftlichen Engagements, das immer nur eine Ergänzung für staatliche Leistungen sein kann. Es ist sehr problematisch, wenn das Engagement von Menschen als Ersatz für den Sozialstaat missbraucht wird. Aber auch eine Steuerdebatte führt uns nicht weiter. Ich glaube, der richtige Weg ist, Anreize zu schaffen, damit Menschen sich mit ihrem Vermögen in die Gesellschaft einbringen.

5. Stifter bestimmen selbst, welche Projekte sie unterstützen. Entscheiden sie immer richtig?

Es gibt leider zu wenige Stifter und Spender, die in soziale Infrastruktur investieren. Manchmal werden zu sehr Projekte gefördert, die tauglich für Hochglanzbroschüren sind. Eine der entscheidenden Fragen der Zukunft wird sein, wie das Engagement am besten eingebracht wird. Da müssen die Stifter unterstützt werden.