Wer wie ich den Hamburger Hafen durch ein schwimmendes Asylantenquartier kennengelernt hat, dem fehlt manchmal der Sinn für Romantik, selbst beim Blick auf die Landungsbrücken. Wir waren aus Armenien geflohen, unser Auffanglager wurde ein Schiff auf der Elbe. Ich weiß noch genau, das Leben auf engem Raum, das ständige Kommen und Gehen von Menschen, die man nicht kannte, die selbst fremd waren. Schummeriges elektrisches Licht und Zigarettenglut, vom Wasser her Positionslichter, kaum Gemütlichkeit. Und immer dieser Wind. Muffige Räume, die Angst vor der Abschiebung, die Demütigung der Zweitklassigkeit. Und Gestank, der schlimmer ist als toter Fisch.

Das Schiff, auf dem wir wohnten, hatte den Namen Bibi Altona. Klingt eigentlich ganz niedlich, war's aber nicht. Dreckig war's.

Der Blick von den Landungsbrücken nach links zur Rickmer Rickmers, in die Kamera - ein sogenannter Trailer für meinen WM-Kampf im Fernsehen wird gedreht. Klasse, ich bin Box-Weltmeistern, (fast) alle mögen mich. Sie rufen: "Susi, viel Erfolg weiterhin!"

Mir geht's gut. Ich atme tief ein. Die großen mächtigen Schiffe, immer was los, immer was zu schauen. Ich liebe Hamburg und seinen Hafen! Hamburg ist für mich auf meine Art mein Tor zur Welt geworden.

Die Boxerin Susi Kentikian, 22, ist mehrfache Weltmeisterin im Fliegengewicht. Die nur 1,54 Meter große Sportlerin trägt den Kampfnamen "Killer Queen" und floh als 8-Jährige aus Armenien nach Deutschland.