Schauspielerin Sanna Englund und Hauptkommissar Jan Hass über im Hafen gedrehte TV-Serien

Für gleich vier Krimiserien liefert der Hafen die Szenerie. "Großstadtrevier", "Die Pfefferkörner", jährlich zwei "Tatort"-Folgen sowie "Notruf Hafenkante", in der auch Sanna Englund mitspielt. Was halten die fiktiven und die realen Ermittler voneinander?

Hamburger Abendblatt:

Kommissar Hass, Sie ermitteln seit 27 Jahren im Hafen. Wie gefallen Ihnen die hier gedrehten Fernseh-Serien?

Jan Hass:

Ich selbst bin nicht der große Krimifan. Aber viele Kollegen verpassen keine Folge - und schimpfen oft anderntags, weil nicht immer alles der Realität entspricht. "Großstadtrevier" hat nicht viel mit der Realität zu tun. Das ist die verniedlichte Form von Polizei. Aber dem Schauspieler Jan Fedder verzeiht man ja alles. Und es gibt auch Fälle, die uns fast genauso passiert sind.

Sanna Englund:

Wir drehen keine Dokumentation, sondern Fiktion. Dennoch: Authentizität ist für uns Schauspieler oberste Prämisse. Zum Beispiel wollte ich am Anfang mit gezogener Waffe höher, schneller, weiter springen als normale Menschen. Irgendwann habe ich gemerkt: Es wirkt viel authentischer, wenn mir das passiert, was allen passiert, wie stolpern, schnaufen oder die Kontrolle verlieren.

Was halten Sie von Ihrem häufig sehr windigen Arbeitsort?

Hass:

Mit Lederjacke geht das.

Englund:

Es ist wirklich immer kalt hier, selbst im Sommer. Aber in den Drehpausen schlüpfen wir einfach in Daunenjacken. Der Blick auf den Hafen entschädigt für alles.

Gibt es heute eigentlich noch die klassischen Hafengangster?

Hass:

Eher selten. Deren Zeit waren die 80er- und 90er-Jahre. Hamburg wurde damals von Kollegen das Tor zur Unterwelt genannt. Ein Sack Kakaobohnen konnte 1000 Mark bringen. Es war früher viel einfacher, in Lagerhäuser einzubrechen. Die Hafengangster fuhren mit ihren Wagen bis an die Schuppen und beluden sie. Es dauerte, bis man sie zu fassen bekam. Die kannten die Gegend perfekt, viele arbeiteten hier. Heute klaut keiner mehr ein paar Säcke, sondern gleich einen Container.

Englund:

In unseren Krimis gibt es selten die typischen Hafengangster. Wir verfolgen die Verbrecher, die in jeder Stadt unterwegs sind. Und wir haben auch keine Wasserleichen ...

Hass:

... von denen es im Hafen viele gibt. Die meisten sind Selbstmörder. Als ich einmal auf der Köhlbrandbrücke Streife fuhr, sprang aus einem Taxi vor mir ein Fahrgast, kletterte unvermittelt über die Brüstung und schlug unten neben einer Touristenbarkasse auf.

Ist der Hafen ein guter Ort, um eine Leiche verschwinden zu lassen?

Hass:

Nein, die tauchen alle wieder auf. Allein schon wegen der vielen Schiffe, die das Wasser aufwirbeln.