Der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Farid Müller, 48, kämpft für die Rechte von Schwulen und Lesben.

1. Hamburger Abendblatt:

Am Sonnabend zieht der Christopher Street Day zum 30. Mal durch Hamburg. Brauchen wir so eine Parade noch?

Farid Müller:

Aber ja. Schwule und Lesben werden immer noch diskriminiert. Schwule und lesbische Paare zahlen viel mehr Steuern als Ehepaare - selbst wenn sie Kinder haben. In Schulen ist "Schwule Sau" das Schimpfwort Nummer eins. Auch wenn vieles besser geworden ist: Gleiche Rechte sind ebenso wenig erreicht wie völlige Akzeptanz. Außerdem geht es beim CSD darum, sichtbar zu sein und wenigstens einen Tag im Jahr in der Mehrheit.

2. Das Motto lautet "Gleiche Rechte statt Blumen". Aber ist der CSD heute noch politisch oder geht es nicht vielmehr um die Party?

Schwule und Lesben sind anders. Und auch der Protest ist anders. Was kann besser sein, als mit Heiterkeit für etwas zu demonstrieren? Wie politisch der CSD ist, zeigen das Motto - und die Präsenz der Politik.

3. Was haben der CSD und andere Gay-Pride-Paraden im Kampf gegen Diskriminierung erreicht?

Sichtbarkeit. Das größte Problem war anfangs, dass Schwule und Lesben so verachtet wurden, dass es für einzelne ein Problem war, sich dazu zu bekennen. Der CSD hat das geändert. Sich offen zu zeigen stärkt für den Alltag.

4. Was ist das größte Vorurteil, mit dem Schwule, Lesben und Bisexuelle zu kämpfen haben?

Nicht genügend für die Gesellschaft zu tun, weil mit Homosexualität oft Kinderlosigkeit gleichgesetzt wird - dabei wachsen viele Kinder in Regenbogenfamilien auf. Und dass alle Schwulen erfolgreich und wohlhabend sind.

5. Muss man sich als Homosexueller Beschimpfungen anhören oder Angst vor Gewalt haben?

Es gibt eine hohe Dunkelziffer an Herabsetzungen, Beleidigungen und Gewalttaten. Manchmal wird das öffentlich, wie 2009 der brutale Überfall am Hansaplatz, als Schwule krankenhausreif geschlagen wurden. Ich würde sagen: Es muss einen nicht mehr treffen, aber wenn es trifft, trifft es hart.