1. Hamburger Abendblatt

Das havarierte Bohrloch im Golf von Mexiko ist stabilisiert. Hat damit der Kampf gegen die Ölpest ein glückliches Ende gefunden?

Hilmar Rempel:

Bislang ist nur der obere Teil stabilisiert. Erst wenn das Bohrloch voraussichtlich in den kommenden Tagen zementiert ist, haben wir einen endgültigen Verschluss. Aber ein glückliches Ende ist das nicht, dafür sind die Schäden am Meer, für BP und die gesamte Erdöl- und Erdgasindustrie zu groß.

2. BP hat in einem schmerzlichen Prozess Havarietechniken für die Tiefsee erprobt. Kann man mit diesem neuen Know-how die Tiefseeexploration weiterführen wie vor dem Unfall?

Sicher nicht. Zunächst müssen die Ursachen des Unglücks genau analysiert werden. Allerdings sollte man die Ölerkundung in der Tiefsee nicht komplett stoppen, denn es gibt bereits genehmigte Projekte, die gut zu handhaben sind. Sie weiterzuführen, ist auch eine Geldfrage. Hier fließen Milliardensummen.

3. Braucht es auf den Tiefsee-Ölplattformen strengere betriebliche Sicherheitsstandards?

Ja. Bei der "Deepwater Horizon" ging alles schief, was schiefgehen konnte, sowohl technisch als auch beim Management. Offensichtlich war ein Schlendrian eingekehrt. Hinzu kam der Druck vom Management, die Bohrung möglichst schnell abzuschließen. Das alles führte dazu, dass die Anzeichen, dass mit dem Bohrloch etwas nicht stimmt, nicht beachtet wurden. Die Beteiligten müssen für die Gefahren ihrer Arbeit stärker sensibilisiert werden.

4. Was müssen die Genehmigungsbehörden aus der Ölkatastrophe lernen?

Sie müssen sicherlich die Auflagen für die Betreiber erhöhen und entsprechend kontrollieren, dass sie auch eingehalten werden. Auch hier war offenbar einiges nicht ganz koscher. Die Genehmigungsbehörden brauchen gut qualifizierte, unabhängige Mitarbeiter und keinen Spardruck bei Personalkosten.

5. Hat der BP-Konzern jetzt eine Vorreiterrolle bei den Havarietechnologien, aus der er womöglich sogar wirtschaftliche Vorteile schöpfen kann?

Technologieführerschaft ist natürlich immer gut. Aber ich bezweifele, dass BP zumindest in diesem einen Aspekt von der Havarie profitieren kann. Zumal viele Subunternehmen beteiligt sind und das neue errungene Know-how damit weit gestreut ist. Das betrifft nicht nur die Havariebekämpfung, sondern auch die Bohrung selbst. Sie wurde von Transocean, dem weltgrößten Unternehmen für Offshorebohrungen, durchgeführt. Und die abschließende Zementierung nahm im April Halliburton, ein führender Dienstleister der Erdölindustrie, vor.