Ein Kommentar von Lutz Wöckener

Man spricht Deutsch beim FC St. Pauli, der lediglich einen ausländischen Spieler im Kader hat. Eine bemerkenswerte, weil einzigartige Notiz. Viel wichtiger aber ist die Nachricht, dass auf anderen Ebenen überhaupt wieder gesprochen wird. Die Zeiten, als Fanlager und Präsidium über offene Briefe und Presseerklärungen kommunizierten, ist vorbei. Unterstützer und Entscheider sind an den Tisch zurückgekehrt und pflegen die Diskussionskultur. Kontrovers und konstruktiv. So soll es sein.

Eine neue Zeitrechnung, deren Beginn nicht zufällig mit dem Abschied von Corny Littmann zusammenfällt. Siebeneinhalb Jahre hatte sich der ehemalige Präsident erfolgreich um finanzielle Gesundung und den Bau eines neuen Stadions gekümmert, machte St. Pauli vom Sanierungsfall zum Vorzeigeobjekt. Littmann widmete sich dem Verein, nicht aber denen, die ihn ausmachen. Das neue Präsidium hat diese Problematik früh erkannt und die Einladung zum Dialog angenommen. Seitdem werden fleißig und beidseitig Brücken über die Gräben der Vergangenheit gebaut. Das Führungsgremium gesteht den Fans weiterhin Privilegien zu, die Anhängerschaft gelobt, aus den Vorfällen des Rostock-Spiels gelernt zu haben. Man nimmt sich ernst. Der Führungswechsel wird als Chance begriffen.

Vertrauensvorschuss, der beiden Seiten eine Bewährungschance verschafft. Die dauerhafte Beobachtung durch die Öffentlichkeit und der sportliche Abstiegskampf erfordern in der Bundesliga alle Kräfte. Gut, dass diese nicht anderswo verschlissen werden.