Ein Hamburger Projektmanager kritisiert, dass Auftraggeber und Auftragnehmer des Jahrhundertbauwerks nach dem Verfahren der Planwirtschaft zusammenarbeiten

Bauprojekte sind einzigartig, vielleicht nicht immer im Gebäude selbst, aber in der Zusammensetzung der Beteiligten. Beim Hamburger Jahrhundertprojekt, der Elbphilharmonie, trifft sogar beides zu: ein so noch nie da gewesenes Bauwerk und ein Kreis der Beteiligten, der wohl so auch noch nie zusammengearbeitet hat.

Da beginnt Projektmanagement: Die Beteiligten, ihre Interessen und unterschiedliche Managementmodelle müssen unter einen Hut gebracht und ein Prozess zum gemeinsamen Ziel aufgesetzt werden. Es geht zu wie auf einem Rummelplatz in den 50er-Jahren; dort gab es die Wahrsager, die einem die Zukunft wiesen. Die Vorhersagen hat natürlich niemand ernst genommen, aber genau das verlangen heutzutage Auftraggeber in Projekten: eine Planung, die genauso eintrifft!

So ist es auch bei der Elbphilharmonie: in der Überzeugung, "dieses Prestigeprojekt zu schaffen", wird in die Kristallkugel geblickt: Termine zum Richtfest und zur Fertigstellung, Kostenbudgets und -aufstellungen, Akustikqualitäten und Raumdesigns. Eines haben sie alle gemein: Sie suggerieren Sicherheit, haben kaum Puffer eingeplant und sind - einmal in der Welt - Maßstab für gute oder schlechte Arbeit der Projektbeteiligten. Projektmanagement verkommt zur Planwirtschaft! Das Thema Elbphilharmonie zeigt, was passiert, wenn unterschiedliche Denkmodelle zusammenprallen und die Partner nicht über ihre Interessen offen sprechen. Der Ausführende bietet einen zwar nachrechenbaren, aber trotzdem kaum wirtschaftlichen Kampfpreis an, weil der an Haushalts- und Vergaberecht gebundene Senat auch nach Kostengesichtspunkten auswählen muss. Dieser Preis wird in den Haushalt eingeplant. Jede Abweichung erzeugt Stress, der vorprogrammiert ist, weil Abweichungen bei einem "Jahrhundertprojekt" zu erwarten sind.

Aufseiten des Ausführenden ist es betriebswirtschaftlich notwendig, Abweichungen und Nachforderungen mit Verschiebungen im Terminplan und neuen Kostenschätzungen zu beantworten, weil ein Puffer nicht "eingepreist" ist. Jede neue Erkenntnis im Projekt erfordert Nachverhandlungen. Steigt diese Zahl über die "Schmerzgrenze" wird zu persönlichen Angriffen übergegangen und Auftraggeber und Auftragnehmer werfen sich gegenseitig "Unwahrheit", "Zurückhaltung von Informationen" oder Schlimmeres vor. Und dann endet es meist vor Gericht!

Typisch: Die Strukturen der öffentlichen Haushaltsführung und des Vergaberechts sowie das Wesen eines Projektes als "im Fluss zu sein" sind kongeniale Partner für Instrumentalisierung. Solange der Auftraggeber Punktlandungen fordert, wird er die typischen Ausweichmechanismen dieser Planwirtschaft aufseiten der Auftragnehmer - nämlich Nachforderungen zu stellen und die Verantwortung abzuwälzen - herausfordern. Dies nenne ich die Logik des Misslingens, die auch bei der Elbphilharmonie am Werke ist. Dabei gäbe es eine Alternative: das Projektschiff wach und kooperationsbereit durch die Unwägbarkeiten zu steuern, statt nur Projektverträge zu schließen.