Die Fußball-Bundesliga hält sich für attraktiv. Tatsächlich kommen nur Altstars wie Raúl nach Deutschland, und junge Talente wie Sami Khedira gehen zu den Spitzenklubs.

Die Begrüßung wird höchst unterschiedlich ausfallen. Sami Khedira werden sie bei seiner Ankunft in Madrid eher keinen weißen Teppich in den Vereinsfarben Reals ausrollen. Raúl Gonzalez Blanco, genannt Raúl, empfingen sie dagegen am Mittwoch bei Schalke 04 wie einen Staatsgast, selbstverständlich betrat er auf einem königsblauen Teppich die Arena.

Khedira, 23, und Raúl, 33, sind Fußballprofis. Der eine verlässt die Bundesliga, der andere kommt. Den einen lockt Real Madrid, den anderen hat der "königliche Klub" aussortiert.

Der junge Nationalspieler Khedira ist ein begehrter Arbeiter, ein vielversprechendes Talent, das bei der Fußball-Weltmeisterschaft ein paar ordentliche Spiele für die Truppe von Bundestrainer Joachim Löw gemacht hat, den aber ein Trainer noch zur höchsten Güteklasse formen muss. Der Sohn einer Deutschen und eines Tunesiers ist ein Beispiel für gelungene Integration. Wie selbstverständlich hat er das schwäbische Stereotyp verinnerlicht: "Etwas schaffen und dafür arbeiten."

Am Freitag wurde der Wechsel des Stuttgarter Nationalspielers zu Real Madrid perfekt gemacht. Er wird für 2,5 Millionen Euro pro Spielzeit fünf Jahre lang bei einem der berühmtesten Vereine der Welt an der Seite von Weltstars wie Cristiano Ronaldo oder Kaká auflaufen. Und er wird, wenn Trainerguru José Mourinho alles richtig macht, auf den Spuren von Günter Netzer, Paul Breitner oder Bernd Schuster wandeln. Das war Real 14 Millionen Euro Ablöse wert.

Raúl dagegen ist ein altgedientes Fußball-Schlachtross, gestählt und geschunden in den Strafräumen der Welt. Auch er musste sich durchbeißen, wurde er doch im Revier des Real-Rivalen Atlético groß. Nun steht Raúl nach 16 Jahren bei Real Madrid im Herbst seiner Karriere. Selbst 323 Tore in 741 Pflichtspielen für die "Königlichen" retteten seinen Stammplatz, den er sich schon als 17-Jähriger erobert hatte, nicht. Statt mit Ronaldo und Kaká spielt er zwei Jahre lang für sechs Millionen pro Saison mit Manuel Neuer und Benedikt Höwedes zusammen. Und als er auf Schalke präsentiert wurde, schauten nicht 80 000 Fans zu wie damals in Madrid, sondern gerade mal 1000. Vielleicht passt die Gelsenkirchener Malocher-Tradition sogar besser zu ihm als der Starkult in Madrid, denn Gehabe und Arroganz waren dem Vater von vier Kindern, den sein früherer Trainer Jupp Heynckes einmal als "Genie" bezeichnete, immer fremd.

Sami Khedira und Raúl haben sich auf dem Platz nie gegenübergestanden. So konnte der Deutsche dem Spanier nie die Räume eng machen und sein Spiel stören.

Raúl statt Khedira - ist das der Weg, den die Bundesliga nimmt? Die deutsche Liga als Resterampe für Altstars wie Ruud van Nistelrooy, 34, Zé Roberto, 36, oder Michael Ballack, 33, und wenn man so will, auch Christoph Metzelder, 29? Jüngere Stars wie Arjen Robben, 26, und Franck Ribéry, 27, sind eher die Ausnahme als die Regel. Sie kamen der sportlichen Perspektive wegen. Deutsche Nationalspieler wiederum, die bei der WM in Südafrika reüssierten, wandern ab. Khedira, 23, nach Madrid, Jerome Boateng, 21, nach Manchester, Mesut Özil, 21, wird von Barcelona, Chelsea, Inter Mailand und natürlich Real umworben. Juventus Turin buhlt um HSV-Profi Dennis Aogo, 23.

Nun besteht nicht die Gefahr, dass die Bundesliga zu einer Operettenliga wie in den USA oder den arabischen Golfstaaten verkommt. Die Altstars haben ja noch sportliches Potenzial. Sie sind zudem günstiger zu haben, und sie generieren mit ihren Fanartikelverkäufen Millionengewinne. Raúls Trikot mit der Nummer sieben gilt schon jetzt als Renner auf Schalke. Für Trainer Felix Magath, der als Manager ja auch ökonomisch denken muss, ist Raúls Verpflichtung eine Win-win-Situation. Die anderen Klubs werden dankbar sein. Der spanische Rekordtorjäger garantiert - zumindest an den ersten Spieltagen - volle Häuser. Felix Magath nennt Raúl "einen der besten Spieler der Welt". Der Spanier gibt artig zurück: "Ich will um die Meisterschaft spielen." Was will man mehr?

Kurzfristig mag es die Khediras und Özils nach Spanien oder England ziehen. Dort zahlen Spitzenklubs horrende Gehälter, drohen aber an ihren Schulden zu ersticken. Bastian Schweinsteiger oder Philipp Lahm haben sich durchaus perspektivisch für die Bundesliga entschieden. Dann könnte Raúl wirklich ein Dinosaurier sein.