Wunder zwischen Himmel und Höhle. Warum bloß werden Lurche in düsteren Grotten so alt?

Zurückgezogen aus der Öffentlichkeit hat er sich schon von Anfang an, er genießt das Dunkel, fernab von jedem grellen Tageslicht. Nein, diesmal meinen wir keinen Politiker, dem die Regierungsbank zu hart ist und der vom schönen Leben auf der Düne träumt. Die Rede ist von Proteus anguinus, dem Grottenolm. Ein mit winzigen Beinchen, Kiemen und Ruderschwanz bestücktes Lebewesen, über das schon im 19. Jahrhundert Alfred Brehm schrieb, es sei "unzweifelhaft eines der merkwürdigsten Thiere".

Der kleine, streng geschützte Schwanzlurch, der sein Leben überwiegend unter Tage fristet, stellt die Forscher vor ein Rätsel. Denn der lichtscheue Olm kann ein wahrer Methusalem werden, locker die Hundert-Jahre-Altersgrenze knacken und trotzdem so schön glatt und schleimig bleiben, wie es keine Antifaltencreme ermöglicht. Das Problem für die Wissenschaftler ist nur: Eigentlich dürfte der Herr der Dunkelheit gar nicht so alt werden. Weder ist er mit gerade mal 25 Zentimetern besonders groß, noch spart sein Kreislauf besonders viel Energie - alle Eigenschaften sprechen eigentlich nicht für ein hohes Lebensalter.

Vielleicht können wir doch einiges von den Amphibien da unten in der Tiefe lernen. Ob das Geheimnis ihrer ewigen Jugend mit ihrer Bio-Ernährung zu tun hat, die hauptsächlich aus Wasserasseln und Garnelen besteht, darf bezweifelt werden. Aber nicht alles, was in einer Höhle existiert, muss deshalb gleich grottenschlecht sein. So mancher von uns, der sich im abgedunkelten Großraumbüro wie ein Grottenolm fühlt, mag Hoffnung schöpfen. Düsternis, Abgeschiedenheit von der Welt, (Betriebs-)Blindheit, tagein, tagaus der gleiche dumpfe Überlebenskampf und wenig Bewegung - wenn das der Preis für ein respektables Alter und glatte Haut ist, na bitte.